Ach, das bisschen Alltagssexismus!

Gestern Abend war Stevie bei der WDR Sendung Ihre Meinung zum Thema Flirten oder Grabschen – wo fängt Sexismus an? eingeladen. Obwohl das tatsächliche Problem in der aktuellen Debatte längst identifiziert ist,

scheint es darüber noch Unklarheiten zu geben. Obwohl sich auch Männer inzwischen mit nachdenklichen, klugen Beiträgen zu Wort gemeldet haben, fragen sich viele andere, wo denn bitteschön das Problem sein soll und was sie denn machen sollen. Gut, reden wir über das Problem. Und zwar nicht in seiner groteskesten, grausamsten Form, sondern in der ganz alltäglichen, beiläufigen. Nehmen wir ein Beispiel, wo Grabschen vermeintlich nur formuliert wird. Wenn überhaupt. Eine Leserin hat uns auf den Stand der Traktorfirma Zetor auf der gerade stattfindenen Landwirtschaftsmesse aufmerksam gemacht.

https://www.facebook.com/topagrar/posts/10156066966626282

Der Einsatz von sexualisierten Hostessen ist auf Messen durchaus üblich und wir haben das auch schon thematisiert. Als Beispiel sticht es nicht übermäßig heraus – genau deshalb führen wir es hier an. Um uns nicht bei Extremen möglichst viel Zustimmung abzuholen, sondern in den „Häh, das ist doch kein Sexismus!“ Bereich zu gehen. Was uns interessiert ist wie damit umgegangen wird. Wie wird das kommentiert?

Die wenig überraschende Antwort: Abfällig, belustigt, geifernd. Womöglich fragt auch mal jemand, wie bescheiden das Produkt sein muss, um mit einem solchen Blickfang besetzt zu werden.

Aber ansonsten das Übliche: Übergriffige Anzüglichkeiten und eine große Selbstverständlichkeit darin, dass dieses Szenario für Männer aufgebaut wurde und sie ein Anspruch darauf haben.

Ersteres stimmt zumindest. Zetor unternimmt seit Jahren allerhand, um sich die Aufmerksamkeit der vornehmlich männliche Kundschaft zu sichern. Es gibt den obligatorischen, alljährlichen „Erotikkalender“, dessen Motive für die Verwendung in den sozialen Medien anschließend entschärft werden müssen.

https://www.facebook.com/zetor/photos/a.237122436303425.80452.125821774100159/1953418768007108/?type=3&theater

Und die Anbiederung an männliches Dominanzgebaren und uniformierte Überlegenheit darf natürlich auch nicht fehlen.

Männer tragen bei Zetor grundsätzlich Anzüge und führen die Verkaufsgespräche,

während leichtbekleidete Frauen zu Dekorationszwecken eingesetzt werden. Noch einmal: Das ist nicht neu und sicherlich nicht das drastischste Beispiel dieser Praxis. Vielmehr sticht die Normalität ins Auge, mit der hier Sexismus als Alltäglichkeit inszeniert und eingefordert wird. Das gehört dazu wie das Familienfest zum 70 jährigen Bestehen von Zetor mit Zauberer und Kinderschminken.

Sind eben alles Zetor „Fans“.

Was Mann also tun kann? Wie wäre es damit, so etwas nicht abzufeiern, sich nicht von einer solchen Ansprache in der Gruppe Männer, die auf Brüste starren vereinnahmen zu lassen. Nicht immer wieder den Anspruch auf die Darbietung sexualisierter Frauen zu Verkaufszwecken ohne Produktbezug erheben oder unkommentiert stehen lassen. Nicht in sexistische Bemerkungen reinlachen, weil man meint, die konsternierten Blicke der anderen nicht auszuhalten.

Einfach mal fragen, was das Ganze soll. Das wäre immerhin ein Anfang.