Beulenpest und Schenkelschande

„Liebes“ Inside Magazin,

ich hasse dich.
Ich gebe zu, dass das harsch formuliert ist, und gewöhnlich schlage ich selbst bei Menschen, Organisationen. Produkten und Kampagnen, die ich hart kritisiere, einen freundlicheren Ton an – aber den verdienst du nicht. Du bist ein widerliches, frauenverachtendes Drecksblatt, in dem eine rein weibliche Redaktion eimerweise Häme, Mist und Body Shaming über Geschlechtsgenossinnen auskübelt (Hurra, Frauensolidarität!). Von dem, was du so an abwertendem Schwachsinn verzapfst, behauptest du, es sei „hautnah, jung, in moderner Sprache und gerne auch mal ein bisschen frech„. Du wärest „jung und frisch“ und würdest dich mit dem „wahren Leben und den Problemen der nationalen und internationalen Stars“ befassen. Tatsächlich bist DU das Problem.

Normalerweise lebe ich in dem privilegierten Luxus, dass ich als Mann nicht deine Zielgruppe bin (20 – 39 jährige Frauen) und du und deinesgleichen in meiner Welt nicht stattfinden. Aber wenn dich die Chefredakteurin der Broadly bei deinen unsäglichen Alliterationsversuchen erwischt, fällt es schwer wegzuschauen.

„Schenkel-Schande“ also. Reden wir doch mal darüber, was hier eine Schande ist. Es ist eine Schande, dass du dir nicht zu schade dafür bist, „Knie-Katastrophen“

und „Furchen-Fiaskos“

unter dem Vorwand zu diagnostizieren, deine Leserinnen damit „auf Augenhöhe mit den Reichen und Schönen“ zu bringen.

Es ist eine Schande, dass du dabei  nicht einmal vor Begriffsmonstrositäten wie „Beulen-Pest“ zurückschreckst

und so nebenbei auch noch den bislang kaum mehr als zu erahnenden Trend zu mehr Vielfalt und weniger Körpernormierung in der Modebranche lächerlich machst.

Und eine ganz besondere Schande ist die scheinheilige Verlogenheit, mit der du die Schönheitsoperationen und die Diätbemühungen weiblicher Stars anprangerst, um dabei allen Ernstes zu fragen, was diese denn so entstellt hätte.

Ist ja krass: Ungeschminkt sehen die meisten Menschen eher durschnittlich aus. Und an  alternden Frauen lassen sich Alterserscheinungen feststellen. Teufel noch eins, damit war nun wirklich nicht zu rechnen. Apropos Teufel: Wer könnte wohl dafür (mit)verantwortlich sein, dass der weibliche Körper als Versuchs- und Schlachtfeld für eine milliardenschwere Industrie herhalten muss. Kommst du selber drauf, Inside Magazin, oder musst du schnell noch durch die letzten deiner Ausgaben blättern?

Aber es könnte mir doch egal sein, nicht?! Ich bin ja ein Mann und somit zwar auch zunehmend Schönheitszwängen ausgesetzt aber im Grunde bislang davon ziemlich unbehelligt geblieben. Mein Bauch ist kein „Horror“ und meine Falten kein „Desaster“. Es ist mir aber nicht egal. Mit 110.000 Exemplaren wanzt du monatlich an Frauen an und erzählst ihnen, dass sie hässliche, wertlose Geschöpfe sind, aber mit diesem und jenem Produkt hier daran womöglich noch was machen könnten. In deiner Herzensgüte hättest du ihnen da schon mal „die heißesten Sommertrends“ zusammengestellt.

Das kann, nein das darf mir nicht egal sein. Und als wäre das nicht genug, gibt dein Verlag auch noch die Zeitschrift Mädchen heraus. Die ist zwar deutlich besser als du, aber letztendlich geht es da auch nur darum, welcher Disney-Prinz zur Leserin passt und wie viel Stalker angeblich in ihr steckt. Was das mit mir zu tun hat? Meine älteste Tochter wird in ein paar Wochen 12 und ist damit Zielgruppenmaterial für die Mädchen. Einer Zeitschrift, die sich genau wie du mit dem Attribut frech schmückt. Was habt ihr nur aus diesem schönen Wort gemacht? Hatte ich erwähnt, dass ich dich hasse?!