Bisschen Porno, na und?

Das Kind kommt von der Schule nach Hause und erzählt. Von Internetrecherchen und einem neuen Referat, für das sie verschiedene Suchmaschinen befragt hat. Zwischen Arbeitstasche auspacken und überlegen, was es wohl zum Abendessen geben könnte, fällt der Mutter die Frage ein, wie diese Suchmaschinen wohl aussehen. Sind die auf bestimmte Schlagwörter begrenzt? Oder kann das Kind auch „Bombenanschlag“ eingeben? Und nicht auf „Logo!“ sondern bei zerfetzten Leichenteilen landen?

Eine Freundin erzählte neulich, wie sie ihrem Kind diese Frage stellte. „Nee, Mama, die sind bestimmt nicht nur für Kinder. David hat vor ein paar Monaten „Sex“ geschrieben, und da tauchten Bilder von Erwachsenen auf. Da konnte man genau sehen, wie die Sex machen.“ Die Mutter war noch entspannt. „Du meinst, so ganz liebevoll umschlungen?“ „Nee, eher so sie ganz dick, und er mit riesigen Penis. Da waren noch ganz andere Bilder. Die hatten so komische Sachen an.“ Hm. Besagtes Kind war gerade zehn Jahre alt. Sie lachte nicht, als sie erzählte, sondern schien nachdenklich.

„Wie hat denn euer Lehrer reagiert?“ Das Kind holte langsam seine Hausaufgaben raus. „Och, der hatte einen hochroten Kopf, als er irgendwann in den Computerraum kam: Anne hatte uns verpetzt. Er hat David angeschrien, er wüsste doch, dass wir uns an die Regeln halten sollen: Nur die Wörter eingeben, die zum Thema passen. Aber Mama, mal ehrlich: Das macht doch keiner.“

Und schon gar nicht, wenn der Lehrer nicht im Raum ist und die Kinder beim Suchen betreut. Was auch gar nicht machbar ist bei über zwanzig Kindern, die in verschiedenen Räumen an verschiedenen Computern sitzen. Die Filter aktuell zu halten ist auch schwierig bei ständig wandelnden Pop-Ups, die monatlich neue Funktionen bekommen und veraltete Filter überlisten.

Als ich die Geschichte hörte, fragte ich mich, warum der Lehrer keine Email vom Vorfall geschickt hatte an die Eltern der Kinder, die beteiligt waren. Warum es danach mit den Kindern kein Gespräch über Pornos gegeben hatte, über patriarchalen Mainstream-Sexismus und feministische Pornos, die das anders inszenieren. Oder einen Rat an die Eltern, die Bilder mit den Kindern zu besprechen. Kann man ja machen. Ich fände das nicht schlimm, andere Eltern führen solche Gespräche lieber erst später. Besagte Mutter hätte sie gerne erst auf der weiterführenden Schule geführt, wo Porno-auf-dem-Smartphone-schauen leider Pausensport ist.

Aber diese Gespräche, diese Ratschläge, diese Benachrichtigung gab es nicht. Auf Nachfragen gab es große Bekundungen, dass ab jetzt die Rechner immer aktuell gehalten werden, man aber natürlich nicht ausschließen könne, dass Filter wieder überlistet würden. Das sei nun mal das Problem, wenn man einerseits Kinder mit dem Internet vertraut machen wolle, andererseits die Technik nie ganz kontrolliert bekäme.

Und die paar sexistischen Bilder, die sich im Kopf der Viertklässler eingenistet haben? Man könnte jetzt ein Fass aufmachen. Aber natürlich wollen wir uns nicht so anstellen. Schon gar nicht, wenn das Gegenargument Bildung ist. Bei einem meiner letzten Elternabende, in dem es um die Risiken beim Umgang mit dem Internet ging, argumentierte ein Vater eifrig: „Wir wollen doch, dass unsere Kinder mithalten können, wenn sie mit den Chinesen konkurrieren müssen!“

Eine frühe Bildung zum digital versierten Menschen ist heute wichtig, auch ohne dass man die Bewohner*innen eines Landes als potentielle Bedrohung inszeniert. Wie früh aber wirklich Internet-Recherchen notwendig sind oder aber wenn ja, wie man Kinder gegen den harten Sexismus darin schützt, bedarf für mich noch dringender Diskussion. Aber vielleicht gibt es hierzu schon prima Konzepte? Kommentiert hier gerne Beispiele und Erfahrungen aus euren Schulen, wir wären dankbar!