Bloß nicht „Feminismus“ sagen!

Dass Frauen sich in den Sozialen Medien ständig dafür rechtfertigen müssen, eine Meinung zu äußern, und permanent darauf hingewiesen werden, dass sie doch besser mal still sein sollten, ist kein neues Phänomen. Dass ganz besonders Frauen damit rechnen müssen, die feministische Positionen vertreten, auch nicht. So auch die Schauspielerin Emma Watson, die als UN-Sonderbotschafterin die Kampagne #HeforShe vertritt, mit der Jungen und Männer dazu bewegt werden sollen, sich für Mädchen- und Frauenrechte einzusetzen. Letzten Donnerstag war es wieder soweit. Watson, die den Tod von Alan Rickman betrauert, postete auf Twitter ein Foto mit einem Zitat des leider viel zu früh verstorbenen Schauspielers.

Was darauf folgte war genauso vorhersehbar wie aberwitzig: Watson wurde unterstellt, sie würde den Tod Rickmans ausnutzen, um ihre eigene Agenda voranzubringen.

„Ekelhaft, furchtbar, selbstsüchtig, taktlos und widerlich“ wurde ihr Beitrag unter anderem genannt. Natürlich neben den obligatorischen Hinweisen darauf, dass sie sich „gefälligst ficken soll“, und den mittlerweile üblichen Androhungen sexualisierter Gewalt. Und all das vor dem Hintergrund der Tatsache, dass Alan Rickman diesen Satz nachweislich gesagt hat. Übrigens nicht nur den. Er äußerte sich auch mehrfach darüber, wie traurig es sei, dass Frauen in den Medien immer noch mehrheitlich als Dekorationsobjekte behandelt würden.

Fassen wir noch einmal zusammen: Menschen, die Alan Rickman nicht kannten, versuchen Emma Watson vorzuschreiben, wie sie ihre Trauer um den verstorbenen Kollegen und Freund auszudrücken und womit sie ihn zu zitieren hat. Sie werfen ihr vor, seinen Tod für ihre feministischen Ziele zu missbrauchen.
Wie absurd soll es eigentlich noch werden?!

Dieser Vorwurf wird durch diverse Umstände als substanzlos markiert. Zunächst einmal disqualifiziert sich jedes „Argument“ von selbst, dass mit Gewaltandrohungen verbunden wird. Immer. Darüber hinaus ist es einfach lächerlich zu behaupten, Watson würde Rickman unrechtmäßig vor den feministischen Karren spannen, wenn dieser wiederholt feministische Positionen vertreten hat, und sie ihn darüber hinaus mit einer Aussage zitiert, die sich mit dem deckt, wofür sie steht. Selbstverständlich erinnert man jemanden, den man liebt und schätzt, eben in genau den Taten, Gesten und Sätzen, die man an ihm liebt und schätzt. Und selbst wenn Watson sich nicht schon an anderer Stelle etwas früher ohne jeden Feminismusbezug zu Rickmans Tod geäußert hätte –

https://www.facebook.com/emmawatson/posts/1184500511568837

was sollen diese übergriffigen Trauervorschriften? Im Zweifelsfall wird Emma Watson wohl besser als ihre Kritiker*innen wissen, was Alan Rickman für ein Mensch war und wie sie seiner gedenken will.

In Wirklichkeit ist nicht das Verhalten Emma Watsons anmaßend, sondern das ihrer Kritiker*innen. Sie sind diejenigen, die ungefragt den Tod Alan Rickmans instrumentalisieren, um ihre eigene Agenda zu promoten – sprich Menschen, die sich feministisch positionieren, zum Schweigen zu bringen.

Wenn das mal nicht taktlos, selbstsüchtig und all die anderen Sachen ist, die man Emma Watson vorgeworfen hat.

Nils Pickert