Im Internet kursiert der total lustige Hinweis, dass wegen Corona weder Schule noch Kita die Bastelei für den Muttertag übernehmen und Mann jetzt selbst dran denken muss. Hahaha, ich lach mich schlapp. Sind die Väter wirklich so doof, dass sie nicht gebacken kriegen, sich einen Tag im Jahr zu merken, an dem sie der Mutter zu teure Blumen schenken und Frühstück machen müssen, um sie Jahr für Jahr nicht auf die Idee kommen zu lassen, Gleichberechtigung zu fordern. Ehrlich, ich freue mich für jede Mutter, die lächelnd „ach, dieser Pappenheimer“ murmelt, wenn sie doch nicht ausschlafen kann, weil der Vater doch alle zwei Minuten reinkommt und fragt, auf wieviel bei Rührei der Herd stehen muss, warum die Kinder-Lieblingssocken nicht gewaschen sind und welches überhaupt die Lieblingssocken sind. Für mich fühlt sich der Tag an wie ein Ablasshandel.
„Ich habe einen superharten Karriereknick für die Kinder auf mich genommen.“
„Dafür hab ich sogar den Schniekobert-Löffel für die Marmelade aufgedeckt.“
„Du arbeitest selbstbestimmt, ich, wenn du oder die Kinder es mir erlauben.“
„Guck mal, der Blumenstrauss heißt ‚Alltagsheldin!’“
„Mir ist dieser Mental Load einfach zu viel.“
„BLUMEN!!!!“
Aber der Muttertag ist natürlich nicht der schlimmste Tag des Jahres, denn das ist der Tag, an dem mein Rentenbescheid in der Post ist. Da versuche ich dann immer, meine Faust aufzuessen, und wenn ich Rentnerin bin, muss ich das vermutlich auch, weil die ganze Carearbeit meine Kinder zwar fröhlich und resilient und zu tollen Menschen macht, mich aber arm.
Manche Lesende werden jetzt schon hektisch tippen, dass ich mich mal nicht so anstellen soll, weil ich mir ja ausgesucht habe, dass ich Mann und Kinder will und dass ich eine hässliche Mutter bin, weil ich bestimmt vor lauter feministischer Verbitterung meinen Kindern die liebevoll gebastelte Karte aus den Händen reisse und mit teuflischem Lachen vor ihren mit Tränen gefüllten Augen verbrenne.
Dazu möchte ich sagen, dass ich mir meinen Mann gleich nochmal aussuchen würde, weil er sich zwar nicht immer seiner Privilegien bewusst ist, aber an jedem Tag im Jahr dankbar für einen Hinweis darauf ist. Wenn wir nicht über Gleichberechtigung diskutieren, lachen wir meistens, das ist schön. Und natürlich ist jeder angemalte Teebeutel, jede Karte und jedes Ei mit Kresse drin das beste Geschenk der Welt, weil meine Kinder die besten Kinder der Welt sind. Ich lieb die wie verrückt, und für die beiden nehme ich diese beschissenen Begleitumstände in Kauf. Gerade zum Beispiel bin ich, wie alle anderen auch, neben dem Job hauptamtlich fürs Homeschooling und fürs Homebespaßing zuständig. Ich muss meinem Sohn, während ich arbeite, eine plausible Erklärung von Flächenberechnung sowie die von ihm dringend benötigte Aufmerksamkeit geben und frage mich parallel voller Sorge, ob meine Tochter sich jetzt einfach so oder schon resigniert in ihr Zimmer zurückzieht, weil sie sich allein und isoliert fühlt. Ich vereinbare seit Wochen eigentlich nicht zu vereinbarende Lebensbereiche, weil ich will, dass es meinen Kindern gut geht. Was ich jetzt brauche, sind keine Blumensträuße mit albernen Namen oder Rabatte auf rosa Werkzeugtaschen, sondern Entlastung und eine Politik, die sich auch damit beschäftigt, wie Familien und besonders Kinder diese Zeit gut überstehen können. Mir persönlich würde helfen, vor der verantwortungsvollen Öffnung von Kita Betreuungsgemeinschaften mit den Freund*innen meiner Kinder bilden zu können und eine Art (einfach zu beantragendes) Überbrückungsgeld für die Monate, in denen ich Zuhause Lehrerin und Erzieherin bin und kaum Zeit habe zu arbeiten. Was mir darüber hinaus gefallen würde, wäre zum Beispiel ein Reisegutschein vom Bund, der damit gleichzeitig die Touristikbranche rettet. Und Rentenpunkte würde ich auch nehmen.
Foto von Analise Benevides auf Unsplash
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