Die diesjährige Bademodenkampagne von C&A passt gut zum Kirchentag in Hamburg: Sie hat etwas anständiges. Natürlich waren wir gespannt, was C&A nach unserem vorjährigen Protest gegen ihre lasziven Latino-Schönheiten bringen würden. „Hamburgerin plant Aufstand gegen Nacktwerbung!“ titelte die Hamburger Morgenpost, und trotz des absurden und moralinsauren Fotos und seiner übertriebenen Botschaft stimmten 70% der Morgenpost-Leser dafür, dass C&A zu weit gegangen sei. Nach vier Tagen war die Bademodenkampagne abgehängt. Und das war sicher teuer.
Dieses Jahr will C&A alles richtig machen. Das erste Bild, was wir zu sehen bekamen, war eine Dame in 60er-Jahre-Shorts, die ihren Bikini nicht selber trägt, sondern aufhängt. Wir suchten noch nach der versteckten Kamera, die unsere offene Kinnlade filmt, als wir den echten Kampagnenbilder begegneten. Nein, erotisch sind die nicht. Und dass sie nicht aussieht, als würde sie sich anbieten, und er halbnackt neben ihr steht, ist sicher ein Fortschritt. Sie hat in beiden Bildern etwas sportliches, wirkt dadurch ermächtigt. C&A: Danke fürs Zuhören. Du hast dich echt bemüht.
Warum sind wir dann immer noch nicht zufrieden? (Nur) „Soviel du brauchst!“ steht auf vielen Leuchttableaus, der Kirchentag hat mit seinem diesjährigen Motto viele Flächen belegt. Im Vergleich zu Stuttgart oder Berlin ist die Bademodenkampagne in Hamburg dieses Jahr echt zurückgenommen: Stuttgart sah da schon ganz anders aus. Verkauft C&A so viele Bikinis, dass es ein Stadtbild rechtfertigt, auf dem dieselben drei Fotos immer wieder zu sehen sind? Natürlich nicht. Und selbst wenn, ist es merkwürdig, zwei junge, schlanke Frauen in Bikinis in ganz Stuttgart zu sehen, während in Hamburg überall moralische Botschaften den Touries suggerieren, wie bierernst wir den Kirchentag nehmen.
Das Amt für Werbefreiheit und Gutes Leben wird uns immer sympathischer. Weg damit, einfach ganz und gar. Ermächtigt ist besser als devot, und trotzdem: Ikonen sind es trotzdem in einer Zeit, in der Adipositas ansteigt (und sicher nicht durch dünne Models weniger wird), Essstörungen so verbreitet waren wie noch nie, und der Druck, schön zu sein, Mädchen noch nie so belastet hat. H&M wollen wir hier nicht promoten, aber schaut euch diese Bilder an: Was zunächst „oh! füllig!“ erscheint, ist schon beim zweiten Hinsehen vorbildhaft. Bilder sind mächtig. Ein Stadtbild, das die ewig gleichen zeigt, grenzt an Diktatur.