Darauf haben wir lange gewartet: Endlich ist die Werbung für Menstruationsartikel mit roter statt blauer Flüssigkeit im Mainstream angekommen. Anfang September lief der erste Werbespot von „always“, in dem Binden zeigen können, was sie wirklich tun – oder zumindest beinahe. Denn die Hand, die in der Werbung die Saugkraft der Binden demonstriert, gießt nicht wie sonst klare blaue Flüssigkeit durchs Bild – die eher an Zahnhygiene als an Periode erinnert –, sondern klare rote Flüssigkeit. Wir sehen zwar kein Blut, aber immerhin etwas, das im weitesten Sinne an solches erinnert – und nicht an Mundspülung oder Glasreiniger.
Warum wir uns so freuen?
Das ist ein weiterer Schritt zur Enttabuisierung der Periode, den wir da feiern. Vor ein paar Monaten haben wir fassungslos dabei zugesehen, wie die „Pinky Gloves“ im Fernsehen präsentiert wurden. Ein Produkt, das Frauen dabei helfen sollte, ihre Periode möglichst diskret zu behandeln, damit bloß niemand – und vor allem keine männlichen Mitbewohner – etwas davon mitbekommen. Hier haben wir darüber berichtet.
Außerdem freuen wir uns um so mehr darüber, dass es mittlerweile auch schöne Stockfotografien mit echtem Menstruationsblut gibt – statt Bilder mit roten Blumen, glitzernden Tampons oder schmelzendem roten Wassereis. Cool, denn mein Blut hat bislang noch nie geglitzert und ich hatte in über fünfzehn Jahren auch noch nie Blütenblätter in meiner Unterwäsche.
Was ist mit Windelwerbung – da werden doch auch keine gelben oder braunen Flüssigkeiten gezeigt?
Wir sagen es ganz deutlich: Stuhlgang und Urin sind gesellschaftlich nicht auf die gleiche Weise tabuisiert wie die Periode. Also ist es ein Unterschied, ob eine Ersatzflüssigkeit in einer Werbung für Windeln oder in einer Werbung für Binden genutzt wird.
Noch immer trauen sich viele Menschen nicht, in der Öffentlichkeit nach einem Tampon oder einer Binde zu fragen. Toilettenpapier oder Windeln (für Babys) betrifft diese Tabuisierung nicht. Viele sagen immer noch „Erdbeerwoche“ oder reden von „Tante Rosa“, wenn es um die Periode geht. Nicht, weil sie sich frei dazu entscheiden, sondern weil es leichter über die Lippen geht. Ganz zu schweigen von cis Männern, von denen sowieso außergewöhnlich viele plötzlich ganz still werden, wenn es um Menstruationsthemen geht oder spontan und vehement das Thema wechseln wollen.
Klar, auch nicht alle Menschen sprechen offen über ihre Darmaktivitäten, aber wollen wir das wirklich miteinander vergleichen? Die Menstruation wird in unserer Gesellschaft immer noch als etwas „Unreines“ und „Schmutziges“ dargestellt. Viele sprechen immer noch von „da unten“, die Geschlechtsorgane der Frau werden kaum richtig benannt und noch immer mystifiziert. Das sorgt auch dafür, dass Menschen mit Vulva und Vagina Scham ihren Geschlechtsorganen und deren Funktionen gegenüber empfinden – insbesondere während der Periode. Die Monatsblutung hat aber nichts mit Unreinheit oder Schmutz zu tun. Warum müssen wir sie in der Diskussion dann unbedingt mit Fäkalien vergleichen? Die sind zwar auch ganz natürliche Körperfunktionen und Ausscheidungsprodukte, aber gelten gesellschaftlich gemeinhin als dreckig, stinkend und übertragen Krankheiten. Menstruationsblut hingegen ist nicht gefährlicher als das Blut, das an anderen Stellen im Körper vorkommt.
Aber Blut ist gruselig!
Wir sehen in den neuen Werbespots eine rote Flüssigkeit, kein echtes Blut. Und mal ehrlich – wäre hellblaue Flüssigkeit, die aus Körpern austritt, nicht wesentlich beunruhigender? Ich sehe überhaupt nicht gerne Blut – ganz egal wo. Wem es genauso geht wie mir, der*die schafft es aber ganz bestimmt auch, diese neuen, für uns noch ungewohnten Bilder zu verkraften. Schließlich gibt es auch Menschen, die nicht gerne Mäuse sehen oder Fotos, die aus großer Höhe geschossen wurden.
Wäre es nicht toll, wenn wir uns alle daran gewöhnen würden, dass Menstruationsblut etwas ganz Natürliches ist, für das sich niemand schämen muss? Dazu trägt auch die Werbung ihren Teil bei und wir wollen mehr davon. Damit es für alle irgendwann ganz normal ist, was die Hälfte der Bevölkerung direkt betrifft oder irgendwann betroffen hat oder betreffen wird. Damit insbesondere junge Menschen schamfreier aufwachsen können. Damit auch Väter offen mit ihren Töchtern und Söhnen über die Periode sprechen können. Damit sich niemand schämt, an der Supermarktkasse Tampons aufs Band zu legen. Damit niemand mehr rot wird, wenn es um das Blut geht, das alle paar Wochen die Gebärmutter durchspült.
Bildquelle: Monika Kozub/Unsplash
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