Am „Presse gegen Barbie“ – Stand gestern Morgen in Berlin haben zwei Dutzend Journalist*innen, Blogger*innen und Aktivist*innen von verschiedenen Organisationen (Pinkstinks, Missy Magazin, Slut Walk, Netzfeministinnen, mutterseelenalleinerziehend, femily affair, Occupy Barbie Dreamhouse) der gesamten nationalen und internationalen Journaille in Einzelinterviews erklärt, was das Problem an Barbie ist. Dazwischen taumelten Schauspieler*innen einer namenlosen, sehr witzigen Gruppe als Barbies herum, und die paar morgendlichen Krippenkinder, die Barbie sehen wollten, merkten sicher nicht, dass es hier um Protest ging. Wir waren bunt, informativ und freundlich. Und über diesen netten Interview-Marathon hätte die Presse sicherlich auch mehr berichtet, wenn nicht nach Schulschluss eine Femen-Aktivistin aufgetaucht und alles zerschossen hätte.
Klara Martens tauchte als Barbie auf, entblößte ihre perfekten Brüste („Life in plastic is not fantastic!“) und hielt ein brennendes Kreuz hoch. Es wirkte hysterisch, bestimmt auch nicht ungruselig für die Kinder. Sie bekam ihre Fotos, wurde abgeführt, ein Mann übernahm das brennende Kreuz von ihr und wurde von Mitarbeitern des Barbiehauses überwältigt. Dabei wurde ein ältere Frau umgestoßen sowie ein (leerer) Kinderwagen, ein Krankenwagen musste kommen. Das Resultat ist klar: „Protest am Barbiehaus, eine Verletzte“. Danke, Femen. Wir waren alle schon längst auf dem Alexanderplatz, wo wir mit Occupy Barbie Dreamhouse und dreihundert anderen friedlich demonstrieren wollten, weit weg von den Augen der Kleinen, die heute mit Barbie verabredet waren. Dort bekamen wir die Nachricht, dass das Management des Barbiehauses als erstes „Der Mann war von Pinkstinks!“ gerufen hätte. Unsere Laune war im Keller. Ob der Mann zu recht so hart angegriffen wurde, ist nicht klar. Egal wie – mit einem brennenden Kreuz rennt man nicht in eine Kinderveranstaltung, Punkt.
Auf ihrer Facebookseite sagen Femen, der Mann wäre von einer anderen Organisation gewesen – sehr freundlich, Femen. Mit „Organisation“ können ja nur Pinkstinks oder Occupy Barbie Dreamhouse-Gruppe der Linksjugend gemeint sein. Wir waren aber friedlich und artikuliert unterwegs, nicht randalierend. Die Linksjugend-Demo wurde über Wochen vorbereitet und unglaublich professionell betreut. Es war eine wirkliche Freude, mitzulaufen, Occupy Barbie Dreamhouse heizten ein und machten Stimmung, hatten Schilder gemalt, die jeder mal halten durfte („Mitmachdemo!“) und es schallte Doctorella vom Lautsprecherwagen. Selbst die Polizist*innen hatten Spaß.
Femen, kommt doch nächstes Mal mit. So ganz kollegial. Ihr dürft euch auch ausziehen. Für Femen habe ich, als einer der letzten, sogar noch nach Hakenkreuzen in der Davidstraße und „Anti-Zionism“ an der Klagemauer die Fahne hoch gehalten: Kürzlich sagte ich öffentlich, Fehler seien menschlich, ich würde sogar Femen jederzeit eine neue Chance geben, weil man doch einfach über Dinge sprechen sollte. Aber heute bin ich nicht so sicher, ob ich das noch ernst meine. Ich bin sauer und traurig. Wir haben wie verrückt gearbeitet für diese Demo, haben in Akkordtempo Interviews gegeben, um vernünftige Argumente in die Presse zu bekommen. Die gehen jetzt unter in einem Bild, das – traditionell weiblich – hysterisch wirkt, aggressiv (brennende Barbie) und primitiv. Wir gönnen euch jedes Limelight, Femen, darum geht es nicht. Ihr habt diesen Protest nur echt kaputt gemacht, denn euer Auftritt hat das Bild, das wir gezeichnet haben, brutal zerrissen.
Zusatz, 17.05.2013: Wir haben Femen wiederholt scharf kritisiert und uns wiederholt bei der EMMA-Redaktion beschwert, dass sie Femen unkritisch protegieren. „Fahne hoch“ ist also nur darauf bezogen, dass wir gesagt haben, man müsse jedem die Chance einräumen, sich zu ändern, und diskussionsbereit bleiben.