Das Geschäft mit den Hostessen

Manche Dinge scheinen so selbstverständlich zu sein, dass sie nicht (mehr) in Frage gestellt werden. Hostessen auf Messen zum Beispiel – ganz besonders auf Automessen. Die aktuell in Frankfurt stattfindende Internationale Automobil-Ausstellung (IAA) bildet da keine Ausnahme. Umso mehr freuen wir uns, wenn doch einmal genauer hingeschaut wird. So fragte Denise Peikert letzten Samstag in der FAZ

Traditionell werben Hersteller auf der IAA in Frankfurt mit schönen Frauen für ihre Autos. Warum eigentlich?

Ja genau: Warum eigentlich? Wieso werden Autos (oder auch Boote, technische Geräte, Firmeneröffnungen, Comicmessen und derlei mehr) mit und von normschönen Hostessen präsentiert? Und wenn Frauen zu diesem Zweck schon mit Nachdruck objektifiziert werden: „Wozu dient das Produkt Frau, wo es doch eigentlich eine Automesse ist?“ Denn inzwischen könnte sich auch in dieser Branche herumgesprochen haben, dass „Sex sells“ nicht wirklich funktioniert. Tatsächlich lässt sich so zwar Aufmerksamkeit generieren, aber eben nicht für das Produkt, das ja eigentlich verkauft werden soll. Das Ergebnis sind viel zu häufig Messebesucher, die Frauen abfotografieren, deren vom Arbeitgeber verordnete verbindliche Freundlichkeit sie mit persönlichen Interessensbekundungen verwechselt. Das Ergebnis sind Grenzüberschreitungen und sexualisierte Übergriffe. Sogar die BILD Zeitung berichtet darüber – wobei BILD nicht BILD wäre, wenn sie ihr scheinheiliges Anschreiben gegen Sexismus nicht mit einer kräftigen Portion Sexismus würzen würde: Weil einige Herren sich nicht benehmen können, müssen WIR alle jetzt auf unseren gewohnten Augenschmaus verzichten. Zum Trost hier ein paar Hostessen der letzten Jahre, die leichter bekleidet waren.

Sexismus approved

(Genau! Für solche und andere sexistischen BILD Inhalte gibt es jetzt ein „Kai Diekmann approved“ Siegel. Als „Feminist“, als der er sich ja gerade geoutet hat, weiß er das sicher zu schätzen.)

Und apropos gewohnter Augenschmaus: Obwohl es durchaus Bemühungen gibt, den Beruf der Messe-Hostess mit mehr fachlichen Inhalten zu füllen und aus der Sexualisierungsfalle zu entlassen, werden im Zweifelsfall doch nur peinliche Tautologien für den Einsatz eines solchen Personals bemüht.

https://www.facebook.com/autobild/posts/10152664422210975

Schlimmer noch: Manch einer versteigt sich gar zu der Behauptung, Hostessen seien irgendwie auch ein bisschen selber schuld.

Hostessen

So als würden sie an der Garderobe ein paar von ihren Menschenrechten abgeben. So als müssten sie einfach damit rechnen, dass irgendwann ein Fernsehhansel vorbeikommt, um ihnen wegen einer Wette an die Brüste zu fassen. Berufsrisiko eben. Da muss Frau durch.

Nein, muss sie nicht! Nein, es ist nicht verwerflich als Servicepersonal tätig zu sein. Und nein: Ein Lächeln, eine freundliche Geste und/oder knappe Bekleidung sind keine Einladung zu übergriffigem Verhalten.

Nils Pickert