Das Private ist die Peepshow

„For my eyes only!“ ist die neue Dessous-Werbung von C&A. Ich hatte sie noch nicht gesehen, als Blanca schmunzelnd bei mir vor der Tür stand und mir davon berichtete. Und wirklich haben C&A so sehr versucht, es besser zu machen, dass es fast putzig anmutet. Die Vertragspartner dürfen nicht abspringen, Sehgewohnheiten der Käufer*innen dürfen nicht komplett verwirrt werden und trotzdem will man Pinkstinks, #Aufschrei, Terre des Femmes, Deutschen Frauenrat und andere befrieden. C&A Marketingleiter*in möchte ich wirklich nicht sein. Die neue C&A-Dessous-Werbung ist interessant: Sie ist nämlich an Bushaltestellen fast nicht zu sehen.

Kein Stadtbild voller Dessous. Keine Mädchen, die auf dem Weg zur Schule vergleichende Kommentare von ihren Schulkameraden anhören müssen. Die Figur ist so klein, dass es eher um neues Image geht als um Präsentation des BH-Schnitts. Schlüsselloch, Geheimnis, eine Frau, die weiß – und damit keine Probleme zu haben scheint – dass sie beobachtet wird. Trotzdem die Tür dazwischen, ein klarer Fall von „bis hierhin und nicht weiter“. Alles richtig gemacht! Oder?

http://www.youtube.com/watch?v=oULRnS5eu8k

Wie setzen wir die Forderung nach dem Schutz der Kinder vor Sexismus um, müssen sich die C&A Werber*innen gefragt haben. Rausgekommen ist der Blick durchs Schlüsselloch, die klassische Peepshow. Dahinter stand sicher die Idee, dass die Frau jetzt kein Sexualobjekt für die Massen ist, sondern nur für einen. Vor allem aber für sich selbst, wie das selbstbestimmte Schließen der Badezimmertür im Spot andeutet. Sie lädt im Spot wirklich nicht ein. Und das, C&A, ist super. Diesen Herbst geht ein Trend durch die Dessous-Werbung, den ihr mitmacht. Die Blicke sind unglaublich stark. Passionata, Hanro und Chantelle überraschen uns mit Frauengesichtern, die ganz klar sagen: „You can look, but you can’t touch“, und das sehen wir als großen Fortschritt. Selbst die Calzedonia Strumpfhosenwerbung könnte einen wirklich aufregen, wenn der Blick dazu einladend wäre: Ist er aber nicht.

Wir sind begeistert ob dieser Veränderung. Eine klassische, angezogene Mango-Werbung, in der das Model aktuell schaut, als wäre sie traurig oder verloren und müsste gerettet werden, wirkt richtig altmodisch gegen diese Welle an neuen, abgegrenzten Blicken.

Jetzt haben wir also große Plakate mit ganz kleinen Dessous-Models in der Mitte, die man durchs Schlüsselloch sieht. Wie sonst auch stellt man den privaten Genuss von Dessous dar? Klar ziehen wir Dessous nicht wirklich nur für uns an, sondern immer mit der autoerotischen Vorstellung, wie Liebhaber*innen das wohl finden. Und das Positive an dem Schlüsselloch ist, das muss man euch lassen, liebes C&A-Team, dass hier nicht unbedingt ein Mann schaut, wie noch im Bikini-Plakat vom Frühjahr, sondern das Geschlecht der / des Liebenden offen ist. Die Frau weiß, dass sie beobachtet wird, scheint es zu genießen und blickt zurück.

Trotzdem bleibt ein Unbehagen. Dürfen wir mit durchs Schlüsselloch schauen? Ist das nicht übergriffig? Wo fängt nun das Private an und wo hört es auf?

Dafür brauchen wir eure Meinung, liebe Leser*innen: Wir bitten um Kommentare. Und eure Kreativität: C&A scheint sich zu bemühen. Oder nicht? Was wären eure Ideen für eine Dessous-Werbung, die (zum Konsum) reizt, ohne zu verletzen? Wir sind gespannt.