Die Lösung

Das Ziel der Kampagne ist das Verbot von sexistischer Werbung durch eine Erweiterung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) um folgende Norm:

㤠7a UWG Diskriminierende Werbung

(1) Eine geschäftliche Handlung, durch die Marktteilnehmende in diskriminierender Weise angesprochen werden, ist unzulässig, wenn nicht verfassungsrechtlich geschützte Interessen ausnahmsweise überwiegen. Die Diskriminierung kann sich aus der Aussage einer Werbung, ihrem Gesamteindruck oder der Gesamtheit der einzelnen Teile einer Werbekampagne ergeben.

(2) Werbung ist geschlechtsdiskriminierend, wenn sie Geschlechtsrollenstereotype in Form von Bildern oder Texten wiedergibt oder sich in sonstiger Weise ein geschlechtsbezogenes Über-/Unterordnungsverhältnis zwischen den Personen in der Werbung oder im Verhältnis zu den von der Werbung adressierten Personen ergibt. Werbung ist insbesondere geschlechtsdiskriminierend, wenn sie

1. Menschen aufgrund ihres Geschlechts Eigenschaften, Fähigkeiten und soziale Rollen in Familie und Beruf zuordnet oder

2. sexuelle Anziehung als ausschließlichen Wert von Frauen darstellt oder

3. Frauen auf einen Gegenstand zum sexuellen Gebrauch reduziert, insbesondere indem weibliche Körper oder Körperteile ohne Produktbezug als Blickfang eingesetzt werden oder der Eindruck vermittelt wird, die abgebildete Frau sei wie das Produkt käuflich.“

Ziel der Norm ist es, der Verfestigung von Geschlechtsrollenstereotypen durch Werbung entgegenzuwirken. Geschlechtsrollenstereotype wirken freiheitseinschränkend. Sie reduzieren die Geschlechter „Mann“ und „Frau“ auf feste, teilweise enge Eigenschafts-, Verhaltens- und Interessenmuster und schränken damit die Entfaltungsfreiheit von Menschen jeden Geschlechts ein.

Warum Einbettung ins UWG?

Eine Einbettung des Schutzes vor geschlechtsdiskriminierender Werbung in das UWG ist sinnvoll, da sich das UWG schwerpunktmäßig mit der Regulierung von Werbung befasst. Es ermöglicht kollektiven Rechtsschutz und große Durchsetzungsschnelligkeit, bietet also gerade diejenigen Möglichkeiten, die für eine Regulierung geschlechtsdiskriminierender Werbung wünschenswert sind.

Warum konzentriert sich die Norm auf Frauen als diskriminiertes Geschlecht?

Tut sie nicht. Die Norm verbietet sämtliche Geschlechtsrollenstereotype, also auch solche, die auf Männer bezogen sind.

Wenn sich die Beispielsfallgruppen im Rahmen der Sexualisierung allein auf Frauen beziehen, so deshalb, weil es sich dabei gerade um einen weiblichen Geschlechtsrollenstereotyp handelt. Es sind Frauen, die auf einen Gegenstand zum sexuellen Gebrauch reduziert werden oder deren Wert allein anhand ihrer sexuellen Anziehung bestimmt wird.

Frauen dargestellt als Objekt sexueller Verfügbarkeit oder als rein dekoratives Objekt haben eine lange Tradition in der europäischen Kunst sowie in der Werbung. Diese Darstellung intensiviert das vorherrschende Geschlechterrollenbild das wir von Frauen haben und unterstützt seine negativen Konsequenzen.

Männerkörper werden sehr viel seltener sexualisiert und ohne Produktbezug dargestellt, meist nur, um eine sexistische Kampagne (z.B. “Fisch macht sexy”-Nordsee-Kampagne 2013) zu neutralisieren. Sexualisierung per se ist nicht verwerflich. Wenn sie jedoch ein Geschlechterklischee bestärkt, dass über Jahrhunderte die Diskriminierung von Frauen begünstigt hat, ist ihr entgegenzuwirken.

Steht Werbung nicht unter dem Schutz der Kunst- und Meinungsfreiheit?

Sie kann unter den Schutz der Kunst- oder Meinungsfreiheit fallen.

In den Schutzbereich der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) fällt geschlechtsdiskriminierende Werbung dann, wenn sie eine wertende Aussage enthält, die nicht allein auf das Produkt bezogen ist („Frauen mögen Shopping“). Eine solche wertende Gemeinaussage liegt nicht vor, wenn die Aussage allein auf das Produkt bezogen ist („Das beste Angebot“, „Nur 3,99€“, „Wie wär´s mit etwas Frischem?“). Auch wenn Frauen in der sogenannten Blickfangwerbung als Dekorationsobjekte neben Produkten zu sehen sind, ist der Werbung in der Regel keine wertende Aussage zu entnehmen, so dass hier keine Meinungsäußerung im Sinne des Grundgesetzes vorliegt.

Fällt geschlechtsdiskriminierende Werbung in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit, so heißt das nicht, dass sie zwangsläufig erlaubt sein muss. Die Meinungsfreiheit wird nicht schrankenlos gewährleistet, sie kann etwa zugunsten des Jugendschutzes (Art. 5 Abs. 2 GG) oder auch aufgrund kollidierenden Verfassungsrechts eingeschränkt werden. Aufgrund ihres besonderen, kommerziellen Charakters ist Werbung dabei einfacher einzuschränken als andere Meinungsäußerungen (etwa in der Presse oder an Stammtischen). Im Fall geschlechtsdiskriminierender Werbung überwiegt aufgrund der geringeren Schutzwürdigkeit geschlechtsdiskriminierender Werbung einerseits und der Gefährdungen für die tatsächliche Durchsetzung des Gleichberechtigungsgebots andererseits Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG gegenüber Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG (Gebot der Meinungsfreiheit). Der Eingriff in die Meinungsfreiheit wird also durch das Gleichberechtigungsgebot gerechtfertigt.

Um in den Schutzbereich der Kunstfreiheit zu fallen, muss Werbung die Voraussetzungen des verfassungsrechtlichen Kunstbegriffs erfüllen. Dies geschieht allerdings nur in Ausnahmefällen, wenn Werbung eine künstlerische Darstellung statt Produktanpreisung in den Vordergrund stellt. Ein Beispiel hierfür ist die Plakatierung schockierender Motive durch die Firma Benetton. Ohne ein bestimmtes Produkt zu bewerben und mit kaum erkennbarem Logo hat Benetton hier Bezug auf gesellschaftliche Debatten genommen und sich positioniert. Kunstfreiheit kann also in Einzelfällen für Werbung relevant sein, in der Regel jedoch nicht.

Ist die Norm mit dem Europarecht vereinbar?

Ein Vorgehen gegen geschlechtsdiskriminierende Werbung ist mit europäischem Primärrecht vereinbar. Eine Norm, die geschlechtsdiskriminierender Wirtschaftswerbung entgegen wirkt, beeinträchtigt zumindest zum Teil die Warenverkehrsfreiheit. Ein solcher Eingriff wäre aber durch das in Art. 21 Abs. 1 GRCh normierte Diskriminierungsverbot gerechtfertigt.

Die Europäische Grundrechte-Charta bindet die Mitgliedsstaaten ausschließlich bei der Durchführung des Rechts der Union. Europäisches Recht, insbesondere europäisches Sekundärrecht, das geschlechtsdiskriminierende Wirtschaftswerbung reguliert, existiert nicht. ((Die AVMD-Richtlinie regulierte nur einen Teil geschlechtsdiskriminierender Werbung und ist bereits im Jugendmedienschutz-Staatsvertrag umgesetzt.)) Auf ein deutsches Verbot geschlechtsdiskriminierender Wirtschaftswerbung sind die EU-Grundrechte daher nicht anwendbar.

Schließlich fällt der Schutz vor geschlechtsdiskriminierender Werbung auch nicht in den Anwendungsbereich der Europäischen Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (UGP-Richtlinie), weshalb die richtlinienkonforme Auslegung einer wertbezogenen Auslegung des UWG nicht entgegen steht. Grundsätzlich wird Diskriminierungsschutz auf europäischer Ebene sogar als Zweck des Lauterkeitsrechts und insbesondere auch als Interesse der Verbraucher*innen anerkannt. ((Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen – Fahrplan für die Gleichstellung von Frauen und Männern 2006-2010, KOM (2006) 0092 endg.; Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. März 2013 zum Abbau von Geschlechterstereotypen in der EU, 2012/2116(INI), abgedruckt in BT-Drucks 17/13340, S. 4; Entschließung des Europäischen Parlaments vom 15. Dezember 2010 zum Einfluss der Werbung auf das Verbraucherverhalten, 2010/2052(INI), http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+TA+P7-TA-2010-0484+0+DOC+XML+V0//DE))

Wie will Pinkstinks die Einbettung der Norm § 7a UWG erreichen?

Neben der Petition sammeln wir Unterstützer*innen unserer Kampagne #7aUWG – das können neben Organistionen und prominenten Personen auch Firmen sein, die die Norm als Selbstverpflichtung annehmen. Wir führen dazu Gespräche mit Organisationen und Industrie. Hauptsächlich sprechen wir mit den relevanten Politiker*innen und nutzen diese Legislaturperiode, um für das Problem zu sensibilisieren. Wir rechnen mit einer Thematisierung des Normvorschlags innerhalb der Parteien in der nächsten Legislaturperiode. In die Öffentlichkeit treten wir mit der Kampagne durch intensive Pressearbeit und medienaffine Aktionen – wie gehabt bei Pinkstinks. Über den Newsletter könnt ihr euch regelmäßig über unsere Arbeit informieren.