„Mama, was ist das da? Darf ich so ein lila Ding haben?“ Das Fünfjährige steht vor dem Supermarktregal neben seiner Mutter und zeigt auf – einen glänzenden lila Dildo. Wie reagieren? Sich ärgern, dass sowas im Supermarkt hängt und peinlich berührt mit dem Kind weitergehen? Oder: Sich freuen, dass sowas im Supermarkt hängt und sich mit dem Kind auf ein Gespräch darüber einlassen?
Der erste Teil der Antwort ist einfach: sich freuen! Dass Sexspielzeug mittlerweile auch im Supermarkt angeboten wird, ist ein gutes Zeichen. Es zeigt nämlich, dass sich der Umgang mit Sex in unserer Gesellschaft immer weiter entspannt. Dinge, die man im Supermarkt kaufen kann, sind enttabuisiert (oder auf dem besten Weg dahin). Als die Kondome in die Supermärkte gehängt wurden, ging es um Gesundheit und Aufklärung. Verschämte Blicke beim Kaufen an der Kasse – daraus wurden 1989 ganze Aufklärungsspots gemacht. Es dauerte ein paar Jahre, dann wurde das Kondomsortiment bunter und spaßiger (Noppen! Mit Erdbeergeschmack!). Auch davon ging die Welt nicht unter, genauso wenig, als die Gleitgele dazukamen. Sex mit Kondom ist nicht nur sicher, das kann sogar Spaß machen, war die Botschaft, die die Supermarktregale den Kund*innen zuriefen. Jetzt sind wir bei Sexspielzeug angekommen. Wie toll ist das denn? Spaß am Sex haben können für alle Beteiligten – das gehört nun offiziell zum Alltag. Auch wenn es natürlich noch einige Jahre dauert, bis sich das überall herumgesprochen hat und in der Sexualerziehung in Familien und Schulen entsprechend umgesetzt wird.
Der zweite Teil der Antwort ist nämlich nicht so einfach: sich mit dem Kind auf ein Gespräch darüber einlassen. Über Sex reden mit einem fünfjährigen Kind? Im Supermarkt? Das kann schwierig sein. Von den eigenen Eltern gelernt, wie das geht, haben das bisher ja die Wenigsten. Was hier aber wichtig ist: Dass das Kind spürt, dass es ein alltägliches Thema ist. Und keins, bei dem die Eltern peinlich berührt zusammenzucken und die Frage am liebsten gar nicht gehört hätten. Dass das Kind also nicht lernt, dass Sex und alles, was damit zu tun hat, ein Tabu-Thema ist. Sondern etwas, das Erwachsene machen, weil es sich gut für sie anfühlt. Und bei dem manche vielleicht solche Spielzeuge für Erwachsene nutzen, manche aber auch nicht. Das Praktische in dem Alter: Kinder fragen, hören kurz interessiert zu, haben dann aber schon wieder das nächste Thema, mit dem sie sich beschäftigen. Heißt: Dass auf diese Frage im Supermarkt eine mehrstündige Unterhaltung über Sex folgt, ist sehr unwahrscheinlich. Und falls doch: eine gute Gelegenheit, um schamfrei über das Thema zu sprechen. Übrigens, keine Sorge – es schadet dem Kind auf keinen Fall, bereits so früh mehr über Sex zu erfahren, sondern gibt ihm im Gegenteil mehr Sicherheit in Bezug auf den eigenen Körper.
„Das ist ein Dildo, mein Schatz“, könnte also das Mutter-Kind-Gespräch weitergehen. „Und nein, du darfst so ein Ding nicht haben. Das ist nämlich was für Erwachsene. Sich damit zu berühren, macht manchen Erwachsenen beim Sex viel Spaß.“
„Dir auch, Mama?“
„Nein, ich mag lieber Vibratoren. Weißt du, das Ding, das brummt, das du neulich in meiner Nachttischschublade gefunden hast. Und das auch schöne Gefühle machen kann.“
„Hm. Mama, guck mal da drüben. Was ist das? Darf ich das da haben?“
„Das sind Interdentalbürsten.“
Bild: Unsplash
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