Eigentlich ist Germany’s next Topmodel ja gar nicht so schlimm!?

Wir hatten es schon länger vermutet: Die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM), die sich nach unserer Aufforderung (noch einmal) mit der Jugendfreigabe von GNTM beschäftigt hat, ist zu dem Ergebnis gekommen, dass an der Einschätzung, die Sendung ab 12 freizugeben, nichts falsch sei. Im Gegenteil: Laut Pressemitteilung bildet die Sendung nur eine „Berufsrealität ab, in der ein kritikwürdiges Schlankheitsbild vorherrsche“ und könne dafür nicht verantwortlich gemacht werden.

Wenig überraschend haben wir dazu eine gänzlich andere Meinung, die wir hier lediglich in drei kurzen Punkten darstellen wollen, weil wir dazu in unserer Heidiwatch bereits alles Wesentliche gesagt haben.

  • Was heißt hier „nur“? Die Sendung schafft es gleichermaßen von dieser fragwürdigen Berufsrealität durchdrungen zu sein wie sie überhaupt nicht zu repräsentieren. Das bedeutet, dass auf der einen Seite die Zwänge zu Normschönheit und extremer Schlankheit, die sich auch im Modelbusiness finden, reproduziert werden, und auf der anderen Seite, dass sie in einer Art und Weise inszeniert werden, die mit dem tatsächlichen Geschäft quasi nichts zu tun hat – ganz egal wie oft Thomas Hayo erzählt, GNTM sei ja das total echte Modelleben.
  • Was heißt hier „abbilden“? GNTM feiert diese nicht nur fragwürdige, sondern schädigende Realität und macht sich zugleich über die Tragweite der Problematik lustig. Während der Sender verlauten lässt, die zunehmende Fettleibigkeit in der Gesellschaft sei ja viel problematischer als Magersucht (als würde sich essgestörtes Verhalten in Magersucht erschöpfen), glauben die Macher*innen des Formats, dass alles wieder im Lot sei, wenn Heidi Klum ein paar Mal nach Kuchen fragt und in einen Burger beißt. Und übersieht dabei, dass sich die jungen Zuschauerinnen dann erst recht fragen, wieso es ihnen einfach nicht gelingen will, SO auszusehen und dabei SO zu essen. Wie das gehen soll, bleibt ein Mysterium oder wird zumindest als solches benannt. Dazu eine Kandidatin der neuen Staffel:

„Ich bin letztes Jahr nicht weitergekommen, weil der Jury meine Hüfte zu breit war. Die ist jetzt schmaler, ich weiß auch nicht warum. Es macht mir mega viel Spaß vor der Kamera zu stehen, deshalb probier ich’s heute wieder.“

  • Nach welchen Maßstäben ist das denn entschieden worden? Wir hätten uns gewünscht, dass die KJM die Kriterien, die die Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen für eine entsprechende Altersfreigabe anlegt, auch tatsächlich benutzt.

FSF

Selbst mit Menschen, die unsere Kritikpunkte an GNTM nicht nachvollziehbar und/oder überzogen finden, stimmen wir häufig zumindest darin überein, dass in dieser Sendung ein optisches Schönheitsideal angepriesen und verbreitet wird, das Druck erzeugt. Um das als Zuschauer*in richtig einschätzen zu können, sollte man laut FSF mindestens 16 sein. Folglich wäre ein Sendeplatz um/nach 22 Uhr angemessen. Regeln machen, um sich anschließend nicht dran zu halten, wirkt nicht sehr überzeugend.

Es ist, wie es ist. Die Prüfung des Sachverhalts lief seit unserer Petition Ende Mai. Inzwischen laufen bereits die neuen Castings. Eine Entscheidung zum jetzigen Zeitpunkt wirkt, als hätte man die ganze Geschichte aussitzen und sich „unnötigen“ Pressestress ersparen wollen. Schade. Dann müssen wir uns wohl mal wieder etwas Neues einfallen lassen, obwohl wir mit dem Thema eigentlich so durch sind wie nur irgendwas.

Aber das Murmeltier GNTM hört einfach nicht auf zu grüßen. Jedes verdammte Jahr.

Nils Pickert