Ein offener Abschiedsbrief an Heidi Klum

Liebe Heidi,

seit fünf Jahren sind wir ein prima Gespann, sagen manche. Man munkelte in den Medien bereits öfter, dass der feministische Protest gegen „Germanys Next Topmodel“ dir gut tun würde – er halte deine Marke im Gespräch – während unsere Aktionen gegen deine Show und die medienwirksame Welle, die wir jeden Februar auslösen, unseren Spendeneinnahmen zu Gute kämen. Nun denn. Sollte es je einen Win-Win-Effekt zwischen uns gegeben haben (was wir stark anzweifeln), möchten wir ihn heute und im zwölften Jahr deiner Horrorshow ganz klar beenden. Wir erklären dir gerne, warum.

Eiskalte Geschäftsfrau

Seit fünf Jahren machen wir Kampagnen gegen deine Sendung „Germanys Next Topmodel“. Du weißt warum. Die Zahlen, Fakten und Studien, die bezeugen, dass die Show das Körpergefühl von Kindern beeinflusst und Essstörungen begünstigen kann, kennst du. Da du selbst mit „guten Genen“ ausgestattet bist, ist dir das wuppe. Es kann eben nur eine Gewinnerin geben und das bist, jedes Jahr, immer wieder du. Trotz sinkender Quote sind die Werbeeinnahmen zur Show von Unternehmen, die Teens als Zielgruppe haben, weiterhin hoch genug. Die Show wird noch Jahre laufen.

Dass du eine eiskalte Geschäftsfrau bist, die mit der meistgesehenen Show im Segment 11-16-jährige Mädchen einen Reibach auf dem Rücken derer machst, die sich zu dick fühlen (das sind z.B. über 50% der 11-jährigen Mädchen in Deutschland), dürfen wir dir offen ins Gesicht schmettern. Als Unternehmerin und TV-Profi kannst du das aushalten. Wir sind noch nie persönlich geworden – selbst unsere „Heidiwatch“ mit dem Hashtag #keinbildfürheidi vor zwei Jahren

haben wir mit der Kritik an der Marke Heidi Klum begründet und nicht auf deine Person bezogen. Social Media-Kommentare bei uns, die deine Stimme, deine Figur oder deine exaltierte Art angriffen haben wir angemahnt, auch Models an sich anzugehen ist bei uns nicht erlaubt. Wir haben in Podiumsdiskussionen mit ProSieben oder Presseterminen immer wieder erwähnt, dass Du ein Entertainment-Profi bist, der seine offene und frische Art doch dringend weiter aber für positive Dinge einsetzen sollte – es gibt nämlich Momente, in denen du recht sympathisch wirken kannst: Wenn du z.B. eine Sechsjährige in ihrer Liebe zu Heavy Metal ermutigst.

Aber dieses Jahr, 2017, nach Demonstrationen, Live-Tweets, Gedichtwettbewerben, Petitionen an Landesmedienanstalten, Zeitungsartikeln und zuletzt einer fulminanten und aus den Nähten platzenden Anti-GNTM-Party in Berlin ist es uns zuwider, uns an der Marke Heidi Klum abzuarbeiten. Warum?

Kein Wort zu Trump

Viele deiner U.S.-Celebrity-Kolleg*innen haben in diesem Januar ihre Präsenz genutzt, um den Women’s March on Washington und seine Argumente gegen Donald J. Trump zu unterstützen. Models, Sängerinnen und Schauspielerinnen haben sich klar positioniert und mit viel Emotionalität und grandiosen Auftritten wichtige Inhalte verbreitet. Unvergesslich die Rede von Scarlett Johansson gegen Trumps Angriffe auf freie Beratung zu Verhütung und Familienplanung,

https://www.youtube.com/watch?v=-6ofCjjUz-Q

oder die Worte von Natalie Portman, Alicia Keys, Madonna und vielen anderen zu Sexismus und Frauenrechten.

Ganz ehrlich: Uns jetzt an dir abarbeiten zu müssen, während so viele tolle Kolleg*innen so viel dringender Webpräsenz haben sollten, widerstrebt uns mit jeder Faser. Dein einziger Kommentar zu Trump kam vor einem Jahr, als er deine Supermodel-Qualitäten angriff. Das war nicht nett von ihm. Aber anstatt den Sexismus und Lookismus dieses Mannes zu thematisieren, hast du versucht zu beweisen, wie „hot“ du noch immer bist.

https://www.youtube.com/watch?v=2_w3cU9M04c

Du hast gleichzeitig der Presse gesagt, dass du eine Frau für eine gute Wahl in der Präsidentschaft hieltest, Angela Merkel würde ja auch einen so tollen Job machen. Eine schöne Art, sich nicht klar politisch zu positionieren und du konntest – haha – mal wieder deinen organisierten Zickenkrieg bewerben: „May the best woman win!“ Das ist uns zu wenig.

Während deine Kolleginnen in diesen dramatischen Wochen Reden einstudieren und auf Fans aus dem rechten Spektrum pfeifen in dem sie sich gegen Trumps Homophobie, Frauenfeindlichkeit und Rassismus aussprechen, blieb dein Instagram-Account frei von Bildern vom Women’s March. Kein Bild mit Muschimütze oder „We the people“-Plakat.

Mit Kampagnen gegen GNTM auf dich aufmerksam zu machen war schon immer eine schwierige Gratwanderung. In diesem Jahr haben wir uns entschieden: Unsere Plattform bekommst du nicht mehr. Am Donnerstag, zum Start der neuen Staffel GNTM, werden wir nicht Live-Kommentieren sondern alternative Bilder und Aktionen anbieten, um unseren User*innen und ihren Kindern Möglichkeiten aufzuzeigen, dir und GNTM keinen Raum zu geben. Wir haben da was Schickes in Planung. #Lovetrumpshate

Gruß aus Hamburg,

Stevie und Team