Eine kurze Geschichte der Werbung

 

Oft begegne uns die Frage: Ist heute nicht alles schon viel besser als früher? Warum gerade jetzt Pinkstinks und nicht schon vor 20, 30 oder 40 Jahren? Seit 1958 haben wir ein Gleichberechtigungsgesetz. Ab 1976 wurde das Prinzip der Hausfrauenehe juristisch durch das Partnerschaftsprinzip ersetzt, Und Angela Merkel schickt sich nach 8 Jahren eine weitere Legislaturperiode an, die Bundeskanzlerin eines Landes zu werden, das bis zum Jahr 2005 ausschließlich von Männern regiert wurde. Alles gut also? Von wegen. Dieselbe Bundeskanzlerin entscheidet nämlich nach Bauchgefühl und nicht nach Verfassungslage, wenn es um die Gleichstellung von Schwulen und Lesben geht.

Frauen müssen sich anhören, dass sie doch gefälligst die Bluse zumachen sollen, wenn sie nicht wünschen, dass ihnen jemand auf die Brüste glotzt. In unseren Kindergärten und Schulen wächst eine ganze Generation von Mädchen und Jungen heran, die so massiv in Geschlechtszuschreibungen gepresst werden, dass sie gar nicht über die Möglichkeit verfügen herauszufinden wer sie sind und was sie sein wollen. Und diese Realitäten werden von Medien dargestellt, auf Plakaten beworben, in Fernsehcommercials wiederholt, auf dem Handy verschickt, im Internet geliked und vor dem Kinofilm angeschaut. Die weltweiten Ausgaben für Werbung steigen stetig an
und die Medien, in denen Werbung stattfindet werden immer vielfältiger und nicht zuletzt auch immer leichter für Kinder und Jugendliche zugänglich. Deswegen Pinkstinks! Und weil es sich lohnt, ganz genau hinzuschauen, ob und was sich in der Werbung verändert.

Das Frauenbild von Pepsi im Jahre 1957 ist ohne Zweifel sexistisch.

Sie hat schön, schlank und attraktiv zu bleiben – sonst ist Schluss mit lustig. Das ist auch noch knapp 20 Jahre später beim Marktkontrahenten Coca Cola so.

Willst du nicht eine gute Figur haben, um in seinem Kopf zu bleiben, Schätzchen? Aber im 21. Jahrhundert wird es doch wohl besser geworden sein, oder nicht?

Was hat sich verändert? Gut, der Fahrstil von Frauen wird nicht mehr abfällig kommentiert, das war früher noch anders.

Aber darüber hinaus wird Frauen nach wie vor vorgeschrieben, wann sie sich schön zu fühlen und wie ihre Körper auszusehen haben, um Eindruck zu machen. Der Unterschied besteht zum einen darin, dass Sexismus vor allem in der Bildsprache inszeniert wird und weniger über Text. Doch die Regeln und Gesetze, die bereits existieren, werden dem Wandel nicht gerecht. Ebay hat beispielsweise Regeln für die Verwendung von sexistischen Begriffen in Angebotsbeschreibungen, aber keine entsprechenden für die Bebilderung (wir sind dran!).

Zum anderen besteht der Unterschied darin, dass heute verstärkt mit Ironie bebildert wird, wohingegen die Werbung früher eher bruchlose Anweisungen und Kaufempfehlungen ausgesprochen hat. Während Nike 1995 in einem Clip Mädchen sagen lässt, warum es wichtig ist, dass man sie spielen und Sport machen lässt,

werden 2012 T-Shirts mit der Aufschrift „Gold Digging“ ausschließlich in Frauengrößen produziert, um die Leistungen der US-Amerikanerinnen bei den olympischen Spielen in London zu würdigen. Und so kann es auch passieren, dass McDonalds 1993 zwei berühmte Basketballer ein Produkt bewerben lassen kann, ohne dabei rassistisch werden zu müssen,

während sich die Leute 2010 nicht sicher sind, was sie von diesem Clip

zu halten haben.

Es wird nicht einfach so alles besser. Die Komplexität der Warenwelt und die Vielzahl (nicht Vielfalt) der Produkte verführen die Macherinnen und Macher von Werbung immer wieder dazu, sich der vermeintlich durchschlagendsten Mittel zu bedienen – sexistischer, rassistischer und allgemein abwertender Sprache und Bilder. Entweder tun sie das ganz bewusst

oder es passiert ihnen ausversehen, weil sie in dem Wirrwarr aus Rollenzuschreibungen und vorgeblichen ironischen Brechungen gar nicht mehr wissen, was jetzt genau was ist. Deshalb gibt es Pinkstinks. Wir nehmen den Unverbesserlichen ihr Lieblingswerkzeug weg und erklären denen, die es nicht besser gewusst haben, wie man es anders machen kann. Denn andernfalls haben unsere Kinder in 50 Jahren immer noch keine besseren Antworten auf die Frage, wer gerne sauber macht, sich um die Kinder kümmert und arbeiten geht.

Oder wie es Marie Wilson die Gründerin des White House Projects (einer Organisation zur Förderung von Frauen in Führungspositionen einmal ausdrückte): You can’t be what you can’t see!

Nils Pickert