Ich stehe in meinem Lieblingscafé an der Kasse, um Kuchen & Apfelschorle zu bezahlen. Als ich mein Portemonnaie aus der Tasche ziehe, sehe ich aus dem Augenwinkel, wie noch etwas mit herausfliegt und auf dem Boden landet. Der Mann neben mir deutet an, sich zu bücken, um den Gegenstand aufzuheben, hält dann aber plötzlich inne und blickt verkrampft in eine andere Richtung. Nein, mir ist weder eine Handgranate noch ein IS-Manifest aus der Tasche gefallen. Bloß ein Tampon. Klein, weiß, unbenutzt und verpackt. Und trotzdem will der Mann das lieber nicht aufheben. Weil es ihm peinlich ist? Weil es mir peinlich sein könnte? Wahnsinn, dass die weibliche Periode noch immer eins der größeren Tabus im menschlichen Miteinander zu sein scheint.
Laut einer aktuellen Studie spricht jede dritte Frau nicht über ihre Periode. Das finde ich krass. Jede*r weiß, dass die Hälfte der Menschheit monatlich blutet, aber niemand darf es sehen. Das mag auch daran liegen, dass die Attribute „Sicherheit“, „Sauberkeit“ und “Diskretion“ noch immer das A und OB in der Werbung sind. Das ist immerhin mehr als die ersten Werbespots, in denen sich nur hinter vorgehaltener Hand die „Vollendung der Frauenhygiene“ zugeraunt wurde.
Frau kann lachen, dass sei ja Jahrzehnte her, aber in Australien sorgte jüngst ein Werbespot für Binden für Aufregung – weil die Ersatzflüssigkeit rot statt blau war.
Warum sich all die Jahre niemand über das hässliche Blau aufgeregt hat, wundert mich genauso wie die Tatsache, dass Instagram Fotos von rotbefleckten Unterhosen löscht. Jede Vorbendkrimileiche präsentiert sich blutiger. Aber schon klar, nicht jede*r kann das gut sehen.
Trotzdem müssen Periodenhater jetzt tapfer sein: Ihr werdet unsere Tage nicht los. Denn nicht nur die aktuelle Debatte um die Tamponsteuer sorgt für mehr Präsenz, sie fördert auch die Auseinandersetzung mit der Menstruation – und zwar bis in den Bundesrat. Also nix mehr mit hinter vorgehaltener Hand!
Mehr noch als die Tante beim Namen zu nennen, bietet die Debatte die Möglichkeit sich mit den vielen alternativen Hygieneartikeln zu beschäftigen, die es mittlerweile sogar im Drogeriemarkt zu kaufen gibt. So brauchen auch Frauenärzt*innen in Zukunft bei dem Wort „Menstruationstasse“ nicht mehr ins Stottern zu geraten, wie jüngst eine Freundin erleben musste. Stattdessen können auch Tamponschwämmchen, Slips und der letzte menstruierende Schrei, das Freebleeding erklärt, diskutiert und empfohlen werden.
Vielleicht gelingt es uns so, die nächste Generation selbstbewusster in ihrer reproduktiven Phase zu begleiten, schon allein, um statt krampfiger Gespräche, die Menstruation zu feiern.