Frauen sollten Brote schmieren und putzen?

„Wer schreibt so etwas? Wer zur Hölle schreibt so etwas?“ Dieser Gedanke schießt uns nicht nur ab und zu durch den Kopf, wenn wir auf Texte im Internet hingewiesen werden, aber manchmal bleibt uns vor Fassungslosigkeit der Mund offen stehen. Jüngstes Beispiel: Die Seite psychologischefakten.net. Über einer Million Menschen gefallen deren Beiträge auf Facebook. Beiträge wie Diese Eigenschaften haben Frauen heutzutage nicht mehr. Ihm sein Brot schmieren zum Beispiel. Das hat nämlich nichts mit Hausfrauenarbeit sondern mit Liebe zu tun (deswegen schmiert er ja auch ihr kein  Brot, ist ja klar). Putzen, weil ihr das ja genetisch bedingt sowieso viel wichtiger ist als ihm. Den Mann repräsentieren. Und auch mal dankbar sein für all die schönen Dinge, mit denen er sie versorgt hat… damals in den 90igern.

Ähhh, Moment mal: In den 90igern? Da hätten Frauen Männer also noch verehrt und unterstützt? Von welchen 90igern wird da eigentlich gesprochen? Waren die nicht eher so…

Überhaupt: Wer spricht da? Quellenangabe gibt es nicht. Autor*in auch nicht. Impressum bleibt wenig aussagekräftig. Wir wollen es aber trotzdem wissen. Der umgängliche Seitenbetreiber teilt uns auf Anfrage mit, dass der betreffende Text von einer freien Mitarbeiterin aus dem Englischen übersetzt wurde – und zwar von der Seite RelationshipRules. 9 Millionen Menschen gefällt die. Und auch hier ist die Urheberschaft der Texte nicht klar, und die Betreiber verbleiben darüber hinaus in der Anonymität. Dass die Seite aus Bayern gehostet wird, ist da nur das Sahnehäubchen. Aber zum Text: Im Originaltext (wenn er es denn ist und nicht auch von irgendwo übersetzt/kopiert/abgeschrieben wurde) ist von acht Dingen die Rede, die Frauen machen sollten. Unter anderem sollten sie nicht in der Öffentlichkeit fluchen und Langeweile ausdrücken. Allerdings ist in diesem Text von einer ganz anderen Zeitperiode die Rede. Aus 8 Dingen wurden 4, aus den 1950igern die 1990iger und aus Beziehungsregeln psychologische Fakten. So schnell kann es gehen.Willkommen im Internet!

Nun spricht natürlich nichts dagegen, dass irgendwer irgendwem Brote macht. Und dass Care-Tätigkeiten eben anfallen und erledigt werden müssen, ist auch keine Neuigkeit. Dass diese Dinge allerdings ein Geschlecht haben sollen und mit Benimmregeln aus den 50igern kombiniert werden, ist ein ganz alter Hut.

https://www.youtube.com/watch?v=R6bJPHHa6ao

Einer Zeit also, in der Ehemänner das alleinige Bestimmungsrecht über ihre Ehefrauen und Kinder hatten (bis 1958) und Frauen auf die Zustimmung des Mannes für das Eröffnen eines Bankkontos angewiesen waren (bis 1962). In der verheiratete Frauen nicht als voll geschäftsfähig galten (bis 1969) und ihnen der Gatte die Aufnahme eines Berufes erst huldvoll erlauben musste (auch bis 1969). In der Vergewaltigung in der Ehe nicht strafbar war (bis 1997). Das sind die guten, alten Zeiten, die hier wieder heraufbeschworen werden – neben dem üblichen übergriffigen Schmarrn, was Frauen im Bett angeblich alles falsch machen.

Solche „Regeln“ und „Fakten“ können uns daher gestohlen bleiben.