Goldie Blox – wohin des Wegs?

 

Richtig: Diese Woche ist One Billion Rising! Unseren Beitrag dazu lest ihr hier. Heute geht es aber um 18 Million Rising. So viele Amerikaner asiatischer Abstammung gibt es in den USA, und einige von ihnen setzen sich für Menschenrechte in Asien ein. Gerade ist ihnen Goldie Blox ein Dorn im Auge. Denn das Spiel für Mädchen, das sie zu kleinen Erfinderinnen erziehen soll, besteht komplett aus Plastikteilen, die mit Billiglöhnen in China produziert werden. Sollte die Ingenieurin Debbie Sterling, die das Produkt extra entwickelt hat, um mehr Gleichberechtigung für Mädchen zu schaffen, nicht auch an die ausgebeuteten Arbeiterinnen in China denken? Mit einer Petition appellieren Sie an ihre Moral.

Über Kickstarter bekam Sterling genug Geld zusammen, um ein Spielzeug zu entwerfen, das eben nicht dem typischen rosa Prinzessinnentraum entspricht. Mit Rollwinden und Flaschenzügen sollen Mädchen spielerisch an eine Berufswelt herangeführt werden, in der zu wenig Frauen vertreten sind. Zugegebenermaßen mutet die Idee des Spiels interessant an. Illustriert wird es leider mit klassischen Märchenfiguren und einem sehr schlanken Mädchen (Goldie), die genauso gut das typische Model sein könnte. Die Kritik hat Sterling aber schon umgesetzt: Aus den neuesten Produkten ist das Märchen verschwunden und in ihrem neuen Werbespot bekommen auch dickere Kinder eine tragende Rolle. Der Spot gefällt so gut, dass er sogar in der Halbzeit vom diesjährigen Super Bowl laufen durfte. Was für eine Botschaft! (Die längere Version seht ihr hier.)

http://www.youtube.com/watch?v=mHXbQ4PeNLI

Auf die Repräsentation verschiedener Hautfarben hatte sie auch schon im ersten großen Spot geachtet. Der bekam aus anderen Gründen ordentlich Schelte: Er brachte Sterling eine berechtigte Plagiatsklage der Beastie Boys ein. Natürlich ist der Originalsong der Beastie Boys („Girls“), den sie für ihren Spot emanzipatorisch umdichtete, sexistisch. Trotzdem: Das Urheberrecht verletzen geht erst recht als Feministin nicht. Wie vielen Frauen sind schon ihre Songs, Ideen, Produkte gestohlen worden? Die Debatte ist natürlich differenzierter und sehr lesenswert. Aber ihr wisst, worauf ich hinaus will: An feministische Produkte werden hohe Anforderungen gestellt.

Mich stört an Goldie Blox besonders die Protagonistin Goldie. Extrem dünn und normblond ist sie die typische Kinderkarikatur, die wir auch in Lillifee oder anderen Zeichenfiguren heute finden: Eigentlich magersüchtig. Aber, so kontern alle, es ist der Trend! Eine klassische Heidi aus den 1970er Jahren würde heute als adipös gelten und sich nicht an gesundheitsfanatische Mittelstands-Eltern verkaufen! Was soll Sterling denn machen? Alles auf einmal revolutionieren?

Und so meckern wir von verschiedenen Seiten an einem Produkt herum, dass doch wenigstens ein erster Schritt in die richtige Richtung ist. Dürfen wir das? Wir dürfen und sollten. Aber müssen auch die Relation im Auge behalten. Viele von uns, egal welchen Geschlechts, sind noch mit Steckspielzeug in Primärfarben aufgewachsen (sicher unfair in China produziert) und haben mit Freunden Höhlen im Garten gebaut. Heute schimpft die 7-jährige Charlotte, das Abenteuer nur Jungen vorbehalten sind und Lego das endlich mal schnallen soll. „Okay!?!“

Sterlings Video zum SuperBowl ist dazu ein großartiger Schritt. Im Lied dazu brüllen kleine Mädchen, während sie rosa Kinderküchen auf die Straße tragen: „Girls make some noise! More than pink, pink, pink! We want to think!“ Faire Arbeitslöhne und vielfältige Körperformen ganz weit oben auf die Liste setzen, Sterling. Und dann bitte Goldie Blox immer weiter entwickeln. Vielleicht, irgendwann, als Spielzeug nicht nur für Mädchen, sondern für Kinder. Denn genau da wollen wir doch wirklich hin.