Grid Girls in der Formel 1 – ein Nachruf

Jetzt sind sie also weg: Die Grid Girls, im Deutschen (ziemlich entlarvend) Boxenluder genannt, die im Rennsport seit über vier Jahrzehnten als leichtbekleidete lebende Werbefläche eingesetzt wurden.

Stattdessen sollen nun Grid Kids mit den Fahrern einlaufen – eine Praxis, die mittlerweile in vielen Sportarten üblich ist. Die neue Besitzerin der Formel 1, die Liberty Media Corporation, hatte bereits im vergangenen Jahr angekündigt, die unter dem Vorbesitzer Bernie Ecclestone übliche Praxis der „Rennsportverschönerung“ zu überprüfen. Im Dezember letzten Jahres ließen die Verantwortlichen gegenüber der BBC verlauten, dass man sich der Problematik durchaus bewusst sei und überprüfen werde, ob der Einsatz von Grid Girls noch angebracht und zeitgemäß sei. Nun ist man offenbar, nur wenige Wochen später, zu dem Ergebnis gekommen, dass „die Rolle der Frau eine andere geworden ist„.

Aber es regt sich natürlich auch Widerstand. Allen voran Alteigentümer Ecclestone, der findet, dass es erlaubt sein sollte, Grid Girls zu haben, weil die Fahrer und das Publikum sie mögen und es niemanden interessiert. Und er ist bei weitem nicht der einzige. Insbesondere Sportjournalisten überbieten sich in absurden Begründungen. Die bejammern dann, dass die Formel 1 deshalb nicht mehr so Alphatier-mäßig und männlich wie früher ist und immer langweiliger wird (An dieser Stelle bitte eine Runde Mitleid und den super Lifehack, einfach einen anderen Sport zu gucken, einfügen.). Oder sie „sehen die Entscheidung kritisch“ und sagen Sachen wie:

„Auch wenn die Garagen der Teams keinen Schrauber-Charme mehr versprühen, die Fahrer sind für mich noch immer Gladiatoren. Und zu diesem Lebensgefühl gehören irgendwie auch hübsche Frauen.“

Irgendwie also. So gladiatorenmäßig. Hoppla, eine halbnackte Frau, die sexualisiert zu Dekorationszwecken für die geilen Leistungen echter Männer eingesetzt wird. Sie gehört zwar nur „irgendwie“ dazu, soll aber bitteschön bleiben. Aus Traditionsgründen. Was übersetzt so viel bedeutet wie: Uäääh, jetzt nehmen die mir auch noch in der Formel 1 die Titten weg. Diese Form der „Kritik“ kann getrost vernachlässigt werden.

Die der Grid Girls allerdings nicht. Denn auch unter ihnen gibt es welche, die sich zu Wort melden und mit der Entscheidung nicht zufrieden sind, weil sie ihre Arbeit und ihren Ruf diskreditiert sehen und sich verbitten, auf diese Art und Weise in Schutz genommen zu werden.

Diesen Punkt sollte man nicht leichtfertig abtun. Gerade feministische Diskurse müssen sich an dieser Stelle schon die Frage gefallen lassen, inwieweit hier in die Selbstbestimmung der betreffenden Frauen eingegriffen wird. Andererseits sollte auch darauf hingewiesen werden, dass der Women’s Sport Trust – also eine Organisation, die sich um die Partizipation von Frauen in allen Sportarten bemüht – die Entscheidung begrüßt.

Und das aus gutem Grund. Die Anforderung an eine mögliche Formel 1 Pilotin sind Schnelligkeit, Fahrgefühl und derlei mehr. Die Anforderungen an ein Grid Girl lauten:

  • mindestens 1,70
  • Konfektionsgröße 34/36
  • lange Haare
  • Normschönheit
  • Einsatzfähigkeit auf hochhackigen Schuhen.

Man fragt sich unwillkürlich, ob Heidi Klum bei denen die Endkontrolle vornimmt.

Letztlich sind es aber wohl die Aussagen von Fahrern, die am besten widerspiegeln, welche Rolle die Grid Girls in der Formel 1 wirklich haben. Denn die Teilhabe, die angebliche Dazugehörigkeit zur Identität dieses Sportes, sie ist eine aufgesetzte. Eine dünne Lackschicht, die den darunter liegenden Sexismus nicht mal oberflächlich zu bedecken vermag. Oder wie es der deutsche Renault-Pilot Niko Hülkenberg sagt:

„Wäre wirklich schade, wenn sie den Augenschmuck vom Grid nehmen.“

Und noch deutlicher hat es Mehrfachweltmeister Sebastian Vettel 2015 formuliert. Da wurden in Malaysia erstmals Grid Boys eingesetzt:

„Ich verstehe es nicht. Sorry. Wenn ich auf Männer stehen würde, wäre es etwas anderes, aber das tue ich nicht. Und das Auto zu parken und auf den Hintern von einem George oder Dave zu gucken, das hat mir nicht gefallen.“

Dem ist nur noch eins hinzuzufügen: Wir werden die Grid Girls nicht vermissen.

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