Gut gemeint kann auch rassistisch sein

Kurz vor der Verleihung des Pinken Pudel am Donnerstag türmen sich die Berge an Arbeit besonders hoch. Und als gäbe es nicht schon genug zu tun, erreichen uns zahllose Zuschriften und Hinweise auf die neue Kampagne von Hornbach, die zu Recht von uns wissen wollen, wie wir die neue Kampagne rund um schwitzende weiße Männer und eine unterwäscheschnüffelnde asiatische Frau finden.

Vorsichtig formuliert ist der Clip ziemlich problematisch. Und zwar aus mehreren Gründen, die nicht zuletzt auch die Tatsache berühren, dass die für diese Kampagne verantwortliche Werbeagentur Heimat im letzten Jahr den Pinken Pudel gewonnen hat. Wie kann das sein? Wie kann Heimat einen Preis für progressive Werbung gewinnen und ein Jahr später einen Shitstorm aufgrund von Rassismus kassieren – inklusive eines viralen Hashtags ( #ich_wurde_geHORNBACHt) und einer Petition, die Hornbach auffordert, sie mögen „ihre Dreckwäsche doch für sich behalten“.

Die verkürzte Antwort auf diese Frage lautet: Weil die Agentur Heimat wie viele andere große Werbeagenturen in Deutschland in den letzten Jahren lobenswert viel über Sexismus diskutiert haben, weniger aber über Rassismus. Und darin sind sie ein getreues Abbild der deutschen Mehrheitsgesellschaft, die sich für nicht rassistisch hält und deshalb glaubt, auch nicht rassistisch handeln zu können. Denn was genau Rassismus ist, darüber sprechen wir viel zu selten.
Zur Erinnerung: Heimat hat den Pinken Pudel für eine Kampagne gewonnen, in der eine Frau mit einem Vorschlaghammer buchstäblich Rollenklischees zertrümmert.

Entsprechend beeindruckt war die Jury. Zumal Heimat nicht zum ersten und zum letzten Mal, auf eine andere visuelle Umsetzung für das vorgebliche männlich geprägte Segment des Heimwerkens setzt. Für die nachfolgende „Schwitz es raus!“ Kampagne wurde mit großer Selbstverständlichkeit auch eine Frau bei schweißtreibender Arbeit in Szene gesetzt.

Der Clip dazu sah allerdings sehr anders aus und zeigt die Problematik an, die auch jetzt wieder hochgekocht ist.

Klischeehafte Abziehbilder vom Russen und mexikanischen Arbeitern werden bemüht, um einen schwitzenden Deutschen bei der Arbeit zu zeigen. Womit wir bei der gegenwärtigen Schweißschnüffelei angekommen sind:

Die Frage, ob die Werbung sexistisch ist, lässt sich nicht so klar beantworten wie die nach rassistischer Diskriminierung. Laut Guido Heffels, Kreativchef von Heimat, beruht „der Humor des werblich überzeichneten Spots auf dem Klischee einer asiatischen, primär japanischen Automatenkultur und dreht die geschlechterspezifischen Rollen nur komplett um.“ Dieses Umgedrehte ist es dann auch, was den Clip was Sexismus anbelangt allenfalls in den Grauzonenbereich ansiedelt. Heimat spricht in diesem Zusammenhang gar von einer „selbstbestimmten Frau“.

Ganz anders sieht es bei der Frage, ob der Clip rassistisch ist, aus. Hinter der Formulierung „Klischee einer asiatischen, primär japanischen Automatenkultur“ verbirgt sich das eigentliche Problem. Hinter der Formulierung „Ich vermag darin beim besten Willen keinen Rassismus zu erkennen und es war natürlich auch in keiner Weise die Absicht, einen solchen Eindruck zu vermitteln“ das fehlende Bewusstsein, das bei Heimat exemplarisch für das fehlende Bewusstsein vieler Werbefirmen steht. Heimat wollte eine Geschichte davon erzählen, dass „jeder Städter Konsument des Frühlingsdufts sein kann, denn die Urbanisierung und die Versiegelung von Grünflächen ist schließlich ein globales Thema.“
Was Heimat aber eben auch erzählt, ist der rassistische Mythos, dass japanische Männer gerne die gebrauchte Unterwäsche von jungen Frauen an Automaten kaufen. Die Automaten im Hornbach-Clip stehen für das, was wir „Asiaten als solches“ zuschreiben: Prüderie, Fetischismus, Verklemmtheit, sozial gestört und unlocker zu sein. Klischees, die in Diskriminierungen münzen, mit denen sich auch asiatische Kinder auf deutschen Schulhöfen oder erwachsene Asiaten auf der Jobsuche konfrontiert fühlen. Gerade deshalb hilft ihnen dieses, von Heimat / Hornbach wiederholte Klischee überhaupt nicht, sexuelle Selbstbestimmung hin oder her. Und der einfachste Marker, an dem man Rassismus erkennen kann, ist dieser: Kann die dargestellte Person über den Witz mitlachen? Nein? Ist die Person strukturell in unserem Land diskriminiert? Ja? Dann lieber lassen. Dann ist es rassistisch.

Hornbach hat eine Einladung an Kritiker*innen ausgesprochen, um sich „auf Augenhöhe zu begegnen“, und zwar ziemlich schnell. Das ist neu in der Debatte um Diskriminierungen.

Jemandem Rassismus zu attestieren heißt nicht, ihm oder ihr zwangsläufig böse Absichten zu unterstellen – unbewusste Vorurteile haben wir alle. Aber es ist immer mit der Aufforderung verbunden, sich zu informieren und es in Zukunft besser zu machen.