Im Internet macht gerade ein Clip des britischen Stylist Magazine die Runde: Männliche Redaktionsmitglieder versuchen sich einen Arbeitstag lang in High Heels und machen dabei eine mehr oder weniger gute Figur.
Der Kommentar zu diesem Video, der die Menschen am meisten bewegt hat, stammt interessanterweise von einem Mann:
„Ich weiß, dass sich das Patriarchat die letzten paar Jahrtausende ein paar richtig beschissene Sachen hat einfallen lassen, aber wie zur Hölle haben wir es geschafft, dass hochhackige Schuhe zu einem Trend werden? Unfassbar! Und dann fällt dir auf, dass Frauen so zur Arbeit gehen, praktisch gehbehindert, und es trotzdem hinkriegen großartig zu sein. Respekt, meine Damen.“
High Heels, so machen dieser und andere Kommentare klar, reihen sich ein in die große Anzahl von kulturellen Praktiken, die weibliche Körper normieren, formen und deformieren. Schönheit erscheint in diesem Zusammenhang bestenfalls als etwas, das herausgestellt wird, in den meisten Fällen jedoch eine Zurichtung darstellt. Obwohl gesundheitlichen Schäden wie Hammerzehen, verkürzte Sehnen und andere mittlerweile hinreichend dokumentiert sind, gibt es Bereiche, in denen das tragen von High Heels obligatorisch ist. Germany’s Next Topmodel macht sich beispielsweise Staffel für Staffel in gespieltem Erstaunen darüber lustig, wenn junge Frauen sich auf hochhackigen Schuhen nicht laufsicher fühlen, um anschließend das Internet mit „den dramatischsten Catwalk-Stürzen“ vollzupflastern.
Memes mit umknickenden Models erfreuen sich seit Jahren großer Beliebtheit.
Stets mit der rhetorischen Frage verknüpft, ob diese Frauen „wirklich zu doof zum Laufen sind“. Nein, sind sie nicht. Sie versuchen sich nur möglichst elegant auf Gegenständen zu bewegen, die man durchaus als Fußfesseln interpretieren kann. Und wer wirklich wissen will, welche Ausmaße die Deformationsbemühungen weiblicher Füße annehmen kann, der sollte sich den Bildern der letzten chinesischen Frauen mit gebundenen Füßen aussetzen.
Also High Heels böse?! Ganz so einfach ist es nicht. Auch wenn Feministinnen wie Angela McRobbie das selbstbestimmte Tragen von High Heels für eine postfeministische Maskerade halten, mit der Frauen sich darum bemühen, die an sie gestellten Schönheitsansprüche sogar überzuerfüllen, und es Scheinemanzipation nennen, muss darauf hingewiesen werden: Es gibt nicht wenige Frauen, die High Heels ausgesprochen gerne tragen. Es gibt mächtige Frauen, die auf Stilettos Räume erobern. Und es gibt Feministinnen, die diesen Schuhen etwas abgewinnen können. Unser Role Model Chimamanda Ngozi Adiche sagt zum Beispiel über sich selbst:
„Ich bin eine glückliche afrikanische Feministin, die keine Männer hasst und gerne Lip Gloss und High Heels für sich selbst und nicht für Männer trägt.“
Darüber hinaus sollte man sich vergegenwärtigen, dass hochhackige Schuhe als Kulturgut eine ähnliche Wandlung vollzogen haben wie die Geschlechtszuschreibung von Rosa und Hellblau. High Heels waren mal Männersache.
Erst als Frauen sie sich aneigneten, um männlicher zu wirken, hörten Männer auf, sie zu tragen, um nicht mit Femininität assoziert zu werden.
Es geht also wie so oft weniger um die Sache an sich als vielmehr um den damit verknüpften Zwang. Eine Verpflichtung (und se es auch „nur“ eine gefühlte) zum Tragen dieser Schuhe, um seine Weiblichkeit zu beweisen und Attraktivität zu signalisieren, ist tatsächlich fesselnd. Die freie Entscheidung, sich auf Absätzen bewegen zu wollen, ist es nicht.