Jetzt auch noch “K.o.-Spritzen”?

TW: Im Text geht es um sexuelle Übergriffe und die Verabreichung von Drogen.

Für die einen ist es eine „Moralpanik„. Für die anderen ein ernsthaftes Problem, das lediglich die neueste Ausdrucksform des Versuches darstellt, jungen Frauen in öffentlichen Räumen, Diskotheken, Bars und Nachtclubs habhaft zu werden. Die Rede ist von injection spiking – dem heimlichen Verabreichen von Drogen durch eine Injektion. Seit Großbritannien die Coronabeschränkungen am sogenannten Freedom Day großflächig aufgehoben hat und das Nachtleben allmählich wieder in Gang kommt, häufen sich die Berichte von jungen Frauen über dieses Phänomen.

Die britische Polizei geht mittlerweile 15 Fällen nach, in denen Betroffene schildern, dass sie nach einer Partynacht komplett desorientiert und mit einer Einstichstelle an Armen, Beinen, Händen oder dem Rücken aufwachten. Auch in den sozialen Netzwerken häufen sich die Berichte von Betroffenen oder deren Angehörigen, die darauf aufmerksam machen, dass dies offenbar die neueste Form des leider allzu bekannten Phänomen ist, jungen Frauen beim Ausgehen und Feiern Drogen zu verabreichen.

So bekannt, dass es mittlerweile schon Produkte gibt, die davor schützen sollen, etwas in den Drink geschüttet zu bekommen. Becherkondome quasi, die man über seinen Drink stülpt.

Oder Schnelltests, mit denen der Drink in etwa einer Minute auf die gängigsten Substanzen untersucht werden kann, mit denen Betroffene willenlos gemacht und unter Kontrolle gebracht werden sollen.

Das Phänomen injection spiking wird in Großbritannien auch deshalb so ernst genommen, weil das Versetzen von Drinks mit Drogen zu einem flächendeckenden Problem geworden ist. Eine erst kürzlich unter dem Eindruck der jüngsten Berichte aufgesetzte Petition mit der Forderung, alle Besucher*innen eines Nachtclubs gründlich zu durchsuchen, hat in Rekordzeit die nötigen 100.000 Stimmen zusammenbekommen, damit sich das britische Parlament mit der Frage beschäftigen muss.

Und das, obwohl noch längst nicht geklärt ist, wie ein derart invasiver Übergriff unbemerkt oder unbeachtet überhaupt möglich sein soll. Betroffenen kurz eine Nadel irgendwo hinzustechen, funktioniert nämlich nicht so einfach. Jemanden auf die Schnelle und im Partygemenge Ketamine, Benzodiazepine oder Haloperidol zu verabreichen ist keine Kleinigkeit. Es ist also auf der einen Seite wichtig, die Möglichkeit einer Injektion und den Tathergang genau zu eruieren. Auf der anderen Seite ist es unumgänglich, die Möglichkeit in Betracht zu ziehen und ihr nachzugehen. Denn jedes Mal, wenn Übergriffigkeit und sexualisierte Gewalt eine neue Stufe erreichen, passiert dasselbe: Geht nicht, kann nicht sein, vollkommen übertrieben, das bildet ihr euch ein.

Wir leben aber in einer Welt, in der es K.-o.-Tropfen gibt, Frauen auf Rolltreppen unter den Rock gefilmt und Kameras in Damentoiletten installiert werden.

Was die mannigfachen Möglichkeiten von Übergriffen auf Frauen angeht, existiert scheinbar nur eine einzige Regel:
Geht nicht gibt’s nicht. Und weil das so ist, müssen Mittel und Wege gefunden werden, potenzielle Opfer zu schützen, indem Aufklärungs- und Präventionsarbeit geleistet wird.

Indem Hilfsangebote bereitgestellt werden, die Frauen in Anspruch nehmen können, die sich verunsichert, orientierungslos oder bedroht fühlen.

Indem wir uns immer wieder vergegenwärtigen, wie massiv das Problem Gewalt gegen Frauen ist. Damit endlich alles, was möglich und nötig ist, getan wird, um es zu beenden.

Hilfsangebote:

Hilfeportal sexueller Missbrauch mit Suchfunktion nach PLZ!
https://www.hilfeportal-missbrauch.de/startseite.html

Heimwegtelefon
Tel.: 030/12074182 (deutschlandweit!)

Hilfetelefon – Gewalt gegen Frauen – rund um die Uhr erreichbar unter der kostenlosen Nummer 08000 116 016 – https://www.hilfetelefon.de/

Hilfetelefon Sexueller Missbrauch – erreichbar Mo, Mi, Fr: 9.00 bis 14.00 Uhr und Di, Do: 15.00 bis 20.00 Uhr unter der kostenlosen Nummer 0800 22 55 530 https://www.hilfeportal-missbrauch.de

Tipps der Polizei bei Belästigungen: https://www.aktion-tu-was.de/tu-was/gegen-belaestigung/

“Ist Luisa hier?”-Initiative in Kneipen, Bars und Clubs: https://luisa-ist-hier.de/ 

Suche nach Hilfe-Einrichtungen in der Umgebung – https://www.frauen-info-netz.de/

ProFamilia – Onlineberatung – Suche nach Beratungsstellen in der Umgebung: https://www.profamilia.de/

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Bildquelle: Michael Discenza/Unsplash