Sandra und Kerstin Grether, Musikerinnen, Schriftstellerinnen und Popjournalistinnen, müssen in ihrer Eigenschaft als Zwillingsschwestern immer als erstes die Frage beantworten: „Wer von euch beiden hat sich die Haare gefärbt?“ Ihre Musik ist eine verzaubernde, sehr tanzbare Mischung aus Strawberry Switchblade und Blumfeld. Kerstin und Sandra sind ja auch „Märchenwesen“, wie sie im ersten Hit ihrer gemeinsamen Band Doctorella singen: Ihre Musik will anstiften zum Utopisch-Sein. Von Gitarristin Sandra stammt der Rock-, von Keyboarderin Kerstin der Pop- und Chanson-Appeal, singen, texten und songschreiben tun sie beide.
Auch und gerade weil sie Zwillinge sind, halten sie nichts von starren Identitäten. Sandra sagt: „Ich fühle mich oft eher männlich, habe eigentlich immer Dinge getan, die die Gesellschaft eher Männern zugesteht: E-Gitarre spielen, Rockgesang statt Pop, Definitionsmacht beanspruchen oder männergestalteter Musikgeschichtsschreibung widersprechen.“ Dennoch trägt Sandra immer Röcke und nie Hosen. Kerstin sagt: „Ich sehe aus wie eine Frau, ich fühle mich wie eine Frau, aber was eine Frau ist und wie sie sich fühlt bestimme ich immer noch selber – auch gegen die Annahmen der Gesellschaft.“
Kerstin und Sandra haben schon immer Sachen gemacht, die es vorher noch nicht gab: Als blutjunge Teenager aus der Kleinstadt in den 1990ern ein Fanzine erfunden, kurz darauf nach Köln gezogen und für Musikzeitschriften wie Spex und Intro kluge, scharfsinnige Artikel geschrieben, was in der jungsdominierten deutschen Poplandschaft bis heute selten ist.
In Hamburg gründet Sandra Anfang der nuller Jahre eine der ersten deutschsprachigen Riot Grrrl-Bands: Parole Trixi. Kerstin zieht Anfang der nuller Jahre nach Berlin und schreibt mit „Zuckerbabys“ einen Roman über den Schönheitsterror in der Musik- und Medienszene (Suhrkamp, 2006) in faszinierend schöner Sprache. Auch einen Madonna-Reader (Suhrkamp) stellen die Schwestern zusammen. Seit Frühjahr 2012 betreiben Kerstin und Sandra Grether den (Doctorella-)Blog „Freundinnen der Nacht“(so auch der Name ihres Djane-Teams). Darin feiern sie einen euphorischen Geist des Selberdenkens.
Und zu guter Letzt gründen die beiden jetzt auch noch eine Musikschule: „Songstärke 10“ soll Mädchen und Frauenhelfen, eine Band zu gründen und an ihrer Karriere zu arbeiten. Der Schwerpunkt liegt auf Songtexten, Songwriting und Creative Writing. Alle Infos gibt es demnächst auf der gerade entstehenden Webseite. Unterricht und Kurse sind ab Sommer 2013 in Berlin-Prenzlauer Berg möglich.
Die Frage nach der Haarfarbe beantworten sie übrigens stets so: „Beide“.
Mehr Infos: www.doctorella.de, www.kerstin-grether.de