Kleine Fische, große Fische

 

Unsere liebe Freundin Maike von Wegen leitete uns vor ein paar Tagen eine Email mit dem Betreff „Koffer mit Frau“ weiter. Das konnte ja nichts Gutes sein. Und tatsächlich: Eine Internetfirma bewirbt Hartschalenkoffer – in der einen Abbildung zieht ein weibliche Model im glitzernden Minikleid besagten Koffer, in der anderen schaut sie aus eben diesem Koffer (WTF?!?). Nach der Emaillektüre folgte einer dieser typischen Momente, in denen Stevie oder ich uns fragen: „Wollen wir das wirklich recherchieren?“ Denn irgendwie erkennt man fast immer schon vorher, ob das nur die Spitze des Eisberges ist oder ob jemand einfach mal ohne sich viel dabei zu denken in die Sexismuskiste gegriffen hat. Es war natürlich der Eisberg: Leitern, Plastiktannenbäume, Staubsauger

alle zusammen

und vieles mehr werden ohne jeden Zusammenhang auf der Webseite der Firma Sunrise GmbH mit seminackten Frauen als Blickfang beworben.

Das ist nicht nur sexistisch, sondern betrifft auch ein Kernproblem des Werberats. Der will und kann nämlich entgegen der Aussage einer Werberin in dem Beitrag des RTL Nachtjournals über uns und unsere aktuelle Petition gar nichts verbieten. Im Ernstfall erteilt der Werberat eine Rüge und informiert die Medien darüber.

Für eine öffentliche Rüge interessieren sich allerdings zumeist nur die großen Fische – also Firmen, die sich ein Image aufgebaut haben und in der medialen Öffentlichkeit stehen. Für die genügt oft sogar die Androhung einer Rüge. Kleine Fische scheren sich kaum darum. Die haben keinen Webauftritt in den sozialen Medien und sehen sich nicht einer Konkurrenzsituation ausgesetzt, in der eine Rüge vom Werberat ihnen schaden könnte. Fahrschulen, Gerüstbaufirmen und Autowaschanlagen fühlen sich von einer solchen Maßnahme allenfalls mittelbar betroffen. Das gleiche gilt für die Ebayverkäufer*innen, von denen wir euch seit Monaten immer wieder zeigen und berichten müssen, dass sie Keyboardständer oder Mikrofonstative entsprechend bewerben – ohne dass Beschwerden bei eBay oder dem Werberat tatsächlich etwas daran ändern könnten. Denn wenn die Schaltung von sexistischer und frauenverachtender Werbung ohne jede negative Konsequenz bleibt – und eine Rüge vom Werberat ist für die Betreffenden eben keine negative Konsequenz – wird sie weiter betrieben. Weil es so einfach ist, mit zu Objekten degradierten Frauen Blickfangwerbung zu betreiben, um langweilige Alltagsprodukte „aufzupeppen“. Weil es eben wirkt.

Deshalb braucht es eine gesetzliche Regelung. Sexistische Werbung ist wie eine Krake mit sehr vielen Armen. Es reicht nicht, nur die dicken abzuschlagen. Um beim Koffer-Beispiel zu bleiben: Der hinter der Sunrise GmbH stehende Frankfurter Geschäftsmann Niko Iordanov mag zwar ein kleiner Fisch sein, aber er ist seit Jahren ein ausgesprochen umtriebiger mit Dutzenden Webseiten und Geschäftsmodellen, über die er zahlreiche Produkte verkauft – häufig indem er sie sexistisch bewirbt. Spiegel Online hat dazu mal geschrieben:

„Die Fake-Pflanzen werden, anders als in diesem Serviervorschlag, ohne Bikinimodels geliefert.“

Das muss dringend aufhören!