Lady Bitch Ray, Femen und Pinkstinks

Gestern durfte ich auf SWR2 über Pinkstinks reden und mit Zuhörern sprechen. Die Sendung heißt Tandem, in der Abendsendung wird auf eine Morgensendung zum gleichen Thema eingegangen. Am Morgen hatten sich eine Mutter, 70er-Jahre Feministin, und ihre leicht bekleidete Tochter über feministische Werte gestritten. Der Mutter wurden Slut-Walks und Lady Bitch Ray erklärt, und die Generationen näherten sich an. Teile der Sendung wurden in der Abendsendung eingespielt, und ich sollte sie kommentieren.

Nach der Sendung bekam ich eine scharfe Email von der Gleichstellungsbeauftragten der Jusos Koblenz. Sie wäre nun wirklich für Gleichberechtigung auf allen Ebenen, und das würde den Feminismus ganz klar ausschließen, da er lediglich der Übervorteilung der Frau diene. Und ob sie nun eine dumme Tussi sei, nur weil sie pinken Nagellack trage. Meine Verwirrung war groß. Denn kurz vorher hatte ich Femen auf facebook geliked und Angst bekommen, dass nun viele Pinkstinker abspringen könnten. Es wird immer wieder klar: Feminismus ist ein sehr weites Feld, und auch Gleichstellungsfragen kann man sehr unterschiedlich sehen.

Auch zu Lady Bitch Ray sagte ich in der Sendung viel Positives. Sie verkörpere eine Form von feministischen Widerstand, den nicht jeder mögen muss, aber er sei schlau und mutig. Persönlich ist mir Charlotte Roche näher, aber Lady Bitch Ray macht aus ihrer Biographie heraus Sinn. Wir werden sie nie ein „Duckface“ machen sehen, ihre vaginale Selbstbestimmung drückt Macht aus, die einschüchtert – das kann man an den männlichen Kommentatoren auf Youtube sehen. Ob der nackte Protest von Femen in Deutschland so notwendig ist wie z.B. in der Ukraine hinterfrage ich, und doch sind sie die einzigen, die auf den Ikea-Skandal (wegretuschierte Frauen aus den Katalogen für Saudi-Arabien) erfolgreich aufmerksam gemacht haben. Dank ihrer perfekten nackten Brüste.

Es geht bei Pinkstinks darum – und auch das sagte ich klar in der Sendung – nicht ein Gegenbild zum aktuellen Schönheitsideal zu propagieren. Es geht um viele Alternativbilder, um Diversität, und die Möglichkeit, dieses Schönheitsideal anzuschauen und zu überlegen, wie es entstanden ist, wie es funktioniert und wem es dient. Und natürlich wissen wir auch, dass sich viele Frauen in dem Bild, dass die Medien uns spiegeln, wohl fühlen – nicht nur Heidi Klum und die Gleichstellungsbeauftragte in Koblenz. Es geht nicht darum, diesen Frauen ihr Bild wegzunehmen, sondern zu fragen, warum es über die Hälfte der deutschen Mädchen belastet. Und wenn wir dies nicht unter einem provokanten Namen tun würden, würden sich für diese Themen so wenig Menschen interessieren wie für den Ikea-Katalog der Saudis. Nocheinmal: Pink kann nicht stinken. Es ist nur eine Farbe.