Aus gegebenem Anlass hat die Journalistin Jane Martinson dazu aufgefordert, sich vorzustellen, was da wohl beim Spielzeughersteller Hasbro im Sommer 2012 vor sich ging. Dann machen wir das mal:
Chefentwickler Billing: „Leute, wir müssen irgendwas machen! Diese Tribute von Panem Geschichte wird immer erfolgreicher. Davon werden zig Bücher verkauft, die Verfilmung läuft sagenhaft gut und die anderen Teile haben die sicher schon in Arbeit. Was haben wir geplant?
Leute: „Ähhh?!
Billing: „Ich hab‘s! Die Hauptfigur macht doch voll einen auf Amazone. Wir verkaufen einfach das Zeug, was wir normalerweise für Jungs herstellen an die Mädchen, indem wir ein bisschen Glitzerzeug draufkleben.“
Leute: „Unsere Nerf Produktreihe wäre dafür sicher geeignet.“
So oder so ähnlich muss das abgelaufen sein – anders lassen sich nämlich die neuesten Produkte der Marke Nerf nicht erklären. „Nerf Rebelle“ Linie wirbt mit dem Slogan: „Tritt vor. Heb dich ab.“ Natürlich ließe sich grundsätzlich über den Sinn und Unsinn solcher Produkte für Kinder und Jugendliche debattieren, aber darum geht es uns an dieser Stelle nicht. Uns interessiert vielmehr, dass mit diesen Produkten suggeriert wird, man trage zur Identitätsstärkung von Mädchen bei. Endlich dürfen die auch mit einem Plastikflitzebogen durch die Gegend rennen und im Spiel auf andere schießen. Ermächtigung, hurra! Und das in einer Zeit, wo es im Zweiwochenrhythmus Geburtstagsschminkparties für Mädchen gibt und einem immer noch der Rundbrief der schulischen Elternvertretung in den Augen brennt, man möge doch einmal eine Veranstaltung zum Thema „Wie diszipliniere ich meinen Jungen“ machen. Da kann man schon mal mit dem Nörgeln aufhören und sich auch mal freuen, oder?!
Nein, leider nicht. Was Hasbro hier vorführt ist schlimmstes Gender Marketing. Da wird ein Spielzeug, das man vorher vornehmlich an Jungs verkauft hat, pinkifiziert, um sich neue Absatzmöglichkeiten zu schaffen. Kleines Beispiel gefällig? Bitteschön: Hasbro präsentiert den „Nerf Rebelle Heartbreaker Bow Phoenix“.
Wie jetzt, Heartbreaker? Doch, die meinen das ernst. Oder wie das Model bei der Messevorführung auf die ziemlich schmierigen Fragen des Spielzeugtesters versichert:
„Wenn du den Herzensbrecherinnen Bogen wählst, wirst du die Herzensbrecherin.“
Na prima. Wichtig auch die Anmerkung, dass das alles sehr „hübsch“ und „sozial“ sei, denn das ist es ja, worauf es Mädchen ankommt. Was muss man noch wissen… ach ja: Selbstverständlich hat man auch Nerf Rebelle Produkte entwickelt, die dem ultimativen Kriterium für Mädchenspielzeug standhalten können. Passt es denn auch in eine Handtasche?!
Was uns hier stinkt, ist nicht die Tatsache, dass Hasbro ein eher aktives Spielzeug mit der Anlehnung an eine weibliche Roman- und Filmheldin bewirbt. Uns stinkt es vielmehr wie zwingend offenbar darauf verwiesen werden muss, dass man trotz seines Interesses für Bögen und Heldinnen Mädchen bleiben kann weil man es ja müssen sollte. Mädchen also im Sinne einer limitierten Rollenzuschreibung, die für die Industrie adressierbar bleibt.
Anderen stinkt das nicht so sehr wie uns. Die lesen in den Ärger darüber eher eine Form von Pink-Shaming und fragen, ob wir als Kritiker*innen Weiblichkeit ganz allgemein für schwach halten.
Nein, tun wir nicht. Wir halten nur die Limitierung auf „Mädchen sind so!“ für eine Zumutung. Oder welche von diesen Spielzeugbezeichnungen von Nerf war nochmal für Mädchen?
Hail Fire / Firestorm / Strongarm / Heartbreaker / Stryfe / Elite Triad / Elite Rampage / Praxis / Lightningstorm
Nils Pickert