Pink Sari

Sampat Pal Devi macht eine grandiose Arbeit. Die fünffache Mutter hatte die Übergriffe und den Sexismus der indischen Polizei satt: 2006 gründete sie die Gulabi Gang (Pinke Bande), die mit pinken Saris und Bambusstöcken anfingen, sich zur Wehr zu setzen. Inzwischen sind 150.000 Frauen in der Gang und wehren sich gemeinsam gegen gewalttätige Männer und Polizisten, die Vergewaltigungs- und Missbrauchsfälle nicht verfolgen. Sampat Pal Devi riskierte Verfolgung und Strafanzeigen und wurde vor einigen Tagen abrupt abgesetzt. Was dort genau vor sich ging, ist noch nicht durchschaubar. Das Buch „Pink Sari“ erzählt ihre bisherige, ergreifende Geschichte.


Zurzeit läuft auch eine Petition der Netzfrauen an Frank-Walter Steinmeier, Sampat Pal Devi ein Visum zu geben, damit sie für Vorträge über die Situation der Frauen in Indien nach Deutschland kommen kann. Ein abgelaufenes Passfoto soll ihr dies verhindert haben, dabei reiste sie mit gleichem Foto vor einem Jahr noch nach Norwegen. So viel zu deutscher Bürokratie. Priorität sollte doch haben, dass Sampat Pal Devi so viel Forum wie möglich gegeben wird.

Auf Facebook postete eine Userin diese Woche einen Link zu Pink Sari,  und schrieb dazu: „Und auch deswegen ist Pinkstinks immer noch Scheiße!“ Dabei haben wir nirgendwo geschrieben, dass die Gulabi Gang stinkt, im Gegenteil. Natürlich sehen wir den pinken Look kritisch, aber deshalb kann man trotzdem eine Organisation feiern und unterstützen.

Ich bin auch überzeugte Plan-Patin, auch wenn Plan International Deutschlands Gebäude zum Mädchentag pink anstrahlt. Dabei beruft sich Plan auf das „starke Pink“ der Gulabi Gang, dass das zarte Mädchenrosa umdeute. Und natürlich: Die Gulabi Gang definiert Pink um. Schlagstöcke und sich zur Wehr setzen, das ist nicht gerade fluffig. Trotzdem bleiben wir in einer Gender-Dichotomie, die ausgrenzt, wenn zwischen Jungen und Mädchen farblich so starke Grenzen gezogen werden. Denn Sampat Pal Devi wählte Pink, weil es traditionell weiblich ist.

Nicht umsonst feiern wir, wenn Kinderkleidungshersteller*innen Jungen rosa T-Shirts tragen lassen. Weil es uns bei Pinkstinks darum geht, Pink für alle zu fordern. Um eben nicht zu riskieren, dass eine Farbe ein Geschlecht und seine Eigenschaften definiert. Denn so sehr Plan und Gulabi Gang Pink umdefinieren wollen: Gender-Marketing ist stärker. Pink bleibt weiblich, niedlich, schwächer als Mann. Und das stinkt uns.

Wir haben überhaupt nichts dagegen, dass Mädchen oder Frauen auch weich, duftend und hübsch sind oder sein möchten – so lange Jungen das auch dürfen. Wir haben nichts dagegen, wenn manche Jungen gerne laut und wild sind – solange Mädchen das auch sein können, ohne ein „Tomboy“ zu sein. Wir bewundern die Gulabi Gang und sind froh, dass es sie gibt. Bei unserer Vorsicht gegen Farbkodierung bleiben wir aber. Denn: Feminismus – unbedingt. Dahinter sollte aber stehen: Vielfalt ist Schönheit.

Stevie Schmiedel