Meine Kinder sind zum Glück von Bibi und Tina Hörspielen zu Harry Stiles aufgestiegen, sonst wäre Home-Office noch schlimmer, als es eh schon ist. Als mir letzten Donnerstag mulmig zumute wurde und ich beschloss, vorzeitig nach Hamburg zurückzureisen, wusste ich nicht, dass zwei Tage später ganz Österreich dicht machen würde. Jetzt sitze ich in Hamburg in freiwilliger Quarantäne und frage mich, wie das gehen soll: Meine Kinder maulen jetzt schon und hellhörig ist es bei uns auch. Bei Pinkstinks arbeiten, außer Ariane, Verena und Nasanin, alle im Home-Office (so können die drei im Büro zwei Meter Abstand wahren) und unsere Redaktionskonferenz lief heute Morgen über Bildschirme. Dabei hörten sich Ariane und Nasanin doppelt und wir sie auch, weil wir im Büro keine Kopfhörer mit Mikro haben – auch wir sind nicht vorbereitet auf die Situation.
In den letzten drei Wochen wurden alle wichtigen Pinkstinks-Auftritte abgesagt. Die vielen wichtigen Termine, die uns Öffentlichkeit und Spenden sichern, von denen Pinkstinks und wir leben. Gerade um Weltfrauentag herum, unsere Haupt-Spendenzeit, war das für uns ein herber Verlust. Diese Termine bringen Themen in die Öffentlichkeit, die nun im Corona-Sturm untergehen: Ingo Zamperoni hätte uns diese Woche auf einer Equal Pay Day-Konferenz in Hamburg anmoderiert. Mit Aminata Touré und Fridays for Future wäre ich bei Gruner + Jahr aufgetreten. Wichtige Chancen, laut zu werden gegen Sexismus und für Nachhaltigkeit. Und nun?
Nun ist es wichtig, dass wir alle daran arbeiten, dass dieser Virus sich vom Acker macht. Es gibt nämlich noch viel Wichtigeres als unsere Probleme: Aktuelle physische und psychische Gesundheit. Neben der großen Angst, dass die Krise rechtsnationale Tendenzen befördert (die bei wirtschaftlicher Angst schon immer forciert wurden), neben der Wut, dass kaum jemand noch über die Grenze zu Syrien und die Not der Geflüchteten spricht, neben unserer Angst vor einer Welt, in der wir uns nicht mehr versammeln können um zu protestieren, haben wir Sorge um unsere Eltern, Onkel und Tanten, ältere Nachbarn und immunschwache Menschen. Ein unerkannter Fall kann, innerhalb von acht Wochen, zu fünfzehn Schwerstfällen führen, erklärte der Virologe Alexander Kukulé gestern bei Anne Will. Es ist doch gar nicht so schwer, deren Gesundheit zu sichern:
Bleibt, soweit es geht, zu Hause und haltet, wenn ihr raus geht, zwei Meter Abstand von anderen.
Bitte keine Hamsterkäufe, bitte! Es ist genug für alle da!
Keine Playdates für eure Kinder: Das schaffen die! Wenn wir uns alle am Riemen reißen, können wir in zwei, drei Wochen alle wieder raus!
Kümmert euch bitte um alte oder psychisch labile Nachbarn und Freund*innen, für die die Isolation jetzt besonders dramatisch ist.
Wenn Pinkstinks wegen Corona untergeht, wäre das furchtbar für uns. Es gibt aber Menschen, die es aktuell und jetzt viel schlimmer geht. Gerade deshalb ist es für uns wichtig, in den nächsten Wochen die Regeln zu unterstützen und zu bewerben, die das Leben für alle wieder besser machen. Darum werden wir uns vorrangig auf Social Media kümmern und ansonsten unseren Betrieb auf Sparflamme stellen, um unsere Ressourcen zu schonen und verantwortungsvoll mit euren Spenden umzugehen. Viele von uns werden das aktuell mangelnde öffentliche Interesse an Nicht-Corona-Themen nutzen, um Hintergrundarbeit zu erledigen, die wir seit Monaten vor uns herschieben.
Bleibt gesund, kriegt euch nicht in die Haare und stay tuned: Wir machen euch Leseangebote für Zuhause, präsentieren teilbare Memes und versuchen mit unseren Kräften, euch in der Sorge zur Seite zu stehen. Alles, was jetzt zählt, ist: Dass wir jetzt füreinander da sind.
Alles Liebe
von Stevie und Team
PS: Eins liegt mir noch sehr am Herzen. Mein guter Freund und langjähriger Kollege Nils Pickert hat letzte Woche ein wunderbares, wichtiges Buch auf den Markt gebracht, dass er auf der Leipziger Buchmesse vertreten hätte, wäre die nicht abgesagt worden. „Prinzessinnenjungs“ ist dabei die ideale Lektüre für Eltern, die jetzt zu Hause „stillgelegt“ sind. Es ist kurzweilig, informativ und voller Aha-Erlebnisse. Auch diesem, neben vier Kindern und Vollzeit-Aktivismus mit Schweiß und viel Liebe geschriebenen Buch kommt nun viel zu wenig Aufmerksamkeit zu! Deshalb bestellt es bitte noch heute. DANKE!