Wie kommt man auf die verrückte Idee, den Weg zu Fuß zurück zu gehen, über den hunderttausende Flüchtlinge in den letzten Jahren zu uns gekommen sind und noch kommen? Aus Wut, Frustration und dem Gefühl, dringend etwas tun zu wollen, damit der Krieg in Syrien endet. Als ich das erste Mal von Anna Alboth in den Tagesmedien las, war ich sofort berührt und spendete für ihren Civil March for Aleppo, ohne mich zu informieren, ob es Spendenquittungen, Transparenzbescheinigungen oder all das gäbe, was z.B. bei Pinkstinks selbstverständlich ist. Es war mir völlig wurscht. Einer so wahnsinnigen, mutigen und genialen Idee vertraute ich instinktiv, besonders, wenn sie mich zum Heulen brachte. „Macht die das aus Mediengeilheit?“, fragte eine Freundin, der ich beim Morgenkaffee vor der Arbeit von Anna Alboth erzählte. Alboth ist Mutter zweier noch ziemlich kleiner Kinder – es ist eher selten, dass sich Frauen in dieser Situation aus Geltungsbedürfnis in Gefahr begeben. Der mit ihrem Mann produzierte Blog „The Family without Borders“, in dem sie über ihre Reisen in den Iran oder nach Guatemala erzählen, ist hochsympathisch und wird nur von ethisch vertretbaren Unternehmen unterstützt. Sie hat gerade in Polen für syrische Geflüchtete 3.000 Schlafsäcke organisiert und ihr Mann und sie haben einen jungen Mann aus Syrien bei sich aufgenommen, lange, bevor der Marsch nach Aleppo entstand. Ich kenne Anna Alboth nicht und habe nicht mit ihr gesprochen. Ich habe für diesen Role Model Eintrag darauf verzichtet, sie zu kontaktieren: Jemand, der gerade durch Schnee und Nieselregen mit ca. 100 Leuten durch Tschechien läuft, dabei täglich den großen Medien Interviews gibt um darauf hinzuweisen, dass sie einfach irgendetwas gegen dieses hilflose Gefühl der Ohnmacht in Anbetracht dieses Krieges tun muss, gehört einfach unterstützt, ohne noch mehr zu fragen.
Wenn ihr ihren irren Marsch unterstützen möchtet, findet ihr auf der Webseite zum Marsch die Stationen, auf denen sich die Marschierenden gerade befinden.
Ihr könnt jederzeit dazu kommen, und sei es nur für das Wochenende. Was Anna und ihr Team machen, wenn sie kurz vor Aleppo sind? Werden sie wirklich in die Stadt hinein gehen? Die Frage ist für mich unerheblich. Für mich ist der Medienrummel, den sie produziert und die Frage, den er aufwirft – ob man mitgehen würde, was man sonst tun könnte – der Kernpunkt der Initiative. Ein lautes Signal, dass es Menschen gibt, die es nicht aushalten können, dass der Krieg nicht aufhört – und deshalb einfach losgehen, um das zu zeigen.
In Heidenau, beschreibt der Tagesspiegel, wurden Menschen so Zeuge von einer Art von Demonstration, die sie so noch nicht kannten. Und Deutschlandkultur erzählte Annas Mutter stolz, dass man Anna einfach nicht aufhalten kann, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hat. Diesen Dickkopf finden wir bewundernswert. Viel Glück, Anna!
Fotos: Maciej Soja (c) Civil March for Aleppo