RTL hat unsere Kampagne „Not Heidi’s Girl“ gekillt. So ganz nebenbei, und nach Aussage einer Kontaktperson „passiert so etwas ständig“. Es gab keine Entschuldigung und keine Entschädigung.
Bis zum 15. Februar lief der Algorithmus auf Youtube auf Hochtouren, mit anderen Worten: Das Anti-GNTM-Protestvideo „Not Heidi’s Girl“, bundesweit in der Presse mit der Schlagzeile „Hamburger Schülerinnen protestieren gegen Heidi Klum“, teilte sich wie verrückt. Unsere „Lu Likes“-Youtuberin, Schauspielerin Lara Maria Wichels, saß am 15. Februar morgens bei RTL (Guten Morgen Deutschland), unser Video wurde eingespielt: Ohne, wie von uns gewünscht und wie die journalistischen Etikette vorgibt, mit Einblendung der Quelle „Pinkstinks.de“. Im Gegenteil, das Logo von RTL prangte auf unseren Bildern.
Ich monierte sofort, ohne Wirkung: Bis heute ist keine Quelle eingepflegt, was eigentlich – hätten wir Zeit und Geld zum klagen – mit 1100 Euro geahndet werden müsste. Viel schlimmer aber ist, dass in der Nacht zum 16. Februar der Fingerprint-Bot von RTL seine eigenen Inhalte mit denen von Youtube abglich, unsere Inhalte als ihre eigenen auswies und Youtube anwies, „Not Heidi’s Girl“ wegen Urheberrechtsverletzung sperren zu lassen. Bis wir aufwachten war unser Video acht Stunden offline – ein Todesurteil für einen gerade rasenden Algorithmus.
Wir sind froh, dass unser Video auf Youtube schon ca. 700.000 mal geklickt wurde und freuen uns riesig über die Resonanz von Lehrer*innen, Mädchengruppen und Presse. In diesem Video steckt aber unendlich viel Arbeit. Auch ein gutes Video teilt sich nicht von selbst sondern mit viel Vorbereitung, von der Konzeption bis zur Planung und Umsetzung ganz zu schweigen. Mit anderen Worten: Wir könnten heulen vor Wut, denn wir hätten bis jetzt mehrere Millionen erreichen können. DIESES VIDEO IST WICHTIG!
Ein Bot darf gar keine Urheberrechtsverletzung melden, das dürfen nur reelle Personen. Wir hätten also klagen können, da wir aber keinen finanziellen Schaden nachweisen können (ist ja nur ideell, paar Mädchen ermächtigen, pffft), ist unklar, ob die Auskunftspflicht greifen würde. Und da wir mit fünf Leuten á 30 Stunden eh immer an der Überlastungsgrenze arbeiten, haben wir uns dagegen entschieden.
RTLs einzige Verteidigung war: „Sie müssen verstehen, wir sind Opfer von Piraterie!“ Besonders das Dschungelcamp würde so oft raubkopiert ins Netz gestellt werden. Dass bei häufiger Falschmeldung ein paar Kampagnen darunter leiden – na und? Wirtschaft und die Integrität eines so informativen Senders wie RTL gehen vor. Wir verstehen nicht, wie ihr damit gut schlafen könnt, RTL: Eine öffentliche Entschuldigung wäre das Mindeste gewesen.
Wenn da draußen jemand ist, der etwas ähnliches erlebt hat oder ein*e Anwält*in, die die Möglichkeit hätte, das pro bono zu verfolgen: Wir würden uns freuen. Es kann nicht sein, dass diese Bots (RTL sind sicher nicht die einzigen) weiter Fehlermeldungen mit großen Nachwirkungen für kleine Organisationen schalten dürfen. Da läuft doch irgendwas gewaltig schief im ach-so-egalitären Internet.
Und wenn ihr dies ordentlich teilt, bekommt RTL vielleicht den Anreiz, etwas wieder gut zu machen: Wie wäre es mit einer wirklich ermächtigenden Sendung für Mädchen? Aber ach nee, wir vergaßen: Das macht ja gar kein Geld.
Lieben Gruß,
eure Stevie