Eines muss man der Depesche Vertrieb GmbH & Co. KG zugutehalten: Ein auffälliges Werbe- und Anzeigenkonzept war nie ihre Sache. Die Produkte dieser Firma werden kaum bis überhaupt nicht beworben. Trotzdem wird mit ihnen jährlich ein Umsatz in dreistelliger Millionenhöhe gemacht. Alles nicht verwerflich und für Pinkstinks auch nicht weiter interessant. Wenn das Wörtchen wenn nicht wäre. Wenn Depesche nicht eines der besten Beispiele dafür wäre, wie Anbieter konsequent einen Identifikationszwang mit ihren Produkten generieren, um mehr und gezielter verkaufen zu können.
Depesche, das sind zunächst erst einmal nur die mit den Diddl Mäusen. Dass diese merkwürdig deformierte Känguru-Springmaus seit Anfang der 90iger als Spielzeug und vor allem auf Postkarten mit ihrer seltsam übersteigerten Kleinkindsprachenverballhornung („Du machst mich so kribbelkrabbel-flitterflatter-lollileicht-verliebt“) Eltern auf der ganzen Welt nervt, tut nichts zur Sache. Dass man seinen Kindern auch gegen Widerstände nicht erlauben sollte, sich jeden Scheiß zu kaufen ist ein anderes Thema, welches an anderer Stelle (zum Beispiel von der großartigen Maike von Wegen) behandelt wird. Unsere Sache ist die Verpuppung von Mädchen, die Depesche mit seinen anderen Produkten vornimmt. Den Anfang machen dabei die Trixibelles, branchenüblich überproportional niedliche Elfenwesen (in diesem Fall „Blütenprinzessinnen“), die irgendwas erleben, irgendwo rumhängen und irgendwie miteinander interagieren, damit daraus wie nebenbei Produkte entstehen, die man verkaufen kann: Kettchen, Sticker, Handtücher – das Übliche eben. So weit, so bekannt. Flankiert wird diese Produktlinie mit putzigen Itsy Bitsy Tierchen, deren Konterfei man auch auf allerlei Sachen pappen kann, um sie anschließend zu verkaufen. Niemand hat zu diesem Zeitpunkt die Absicht, dass Kinder sich mit dem Aussehen der Trixibelles identifizieren und auf den Gedanken kommen könnten, ihnen nacheifern zu wollen. Ganz bestimmt nicht.
Deswegen ist es auch reiner Zufall, dass die Produktlinie my Style Princess darauf ausgerichtet ist, den Körper von, ja natürlich, Prinzessinnen mit irgendwelchem Firlefanz zu „verschönern“. Oder wie die Leute von Depesche texten:
„In dieser Kollektion für kleine Mädchen ab 3 Jahren dreht sich alles um die süße Prinzessin Mimi und ihre vielen wunderhübschen Kleider! (…) die Produkte der Kollektion sind auf die Bedürfnisse und Fähigkeiten der Kleinsten perfekt zugeschnitten.“
Was das wohl für Bedürfnisse sind? Und wie man Style Princess wohl noch steigern kann? Genau: Durch TOPModel. Mündige Verbrauchermädchen, die natürlich nie auf die Idee kämen so aussehen zu wollen wie die Püppchen, die man ihnen verkaufen will, bekommen eine „Sedcard“ eine „Topmodelwelt“ und eine „Boutique“ – inklusive eigener Zeitschrift, Community und natürlich abermals überschlanke und bizarr makellose Körperbilder.
„Aber die sind doch nur gezeichnet!“ Jaja, lass mal stecken, Depesche. Das ist wie mit der Mauer: Niemand hat die Absicht, die Seh- und Lebensgewohnheiten von Mädchen so zu manipulieren, dass sie sich in ihrer Verunsicherung genötigt fühlen, mehr zu konsumieren.
Nils Pickert