Schminktipps für die Vorstandsväter

 

Es hat eine Weile gedauert, bis die ironische Überspitzung so offensichtlich war, dass man sie nicht mehr übersehen konnte. Der Twitteraccount manwhohasitall und das dazugehörige Tumblr machen sich seit einigen Wochen auf subtile Art und Weise über übergriffigen Ratschläge lustig, die berufstätigen Müttern ständig ungefragt aufgedrückt werden, und richtet sie einfach an Männer.

Das Ganze ist ziemlich witzig, allerdings auch so klug beobachtet, dass einem das Lachen im Halse stecken bleibt. Der Schöpfer dieser Tweets und Beiträge (Ja, es ist tatsächlich ein Mann) benutzt sehr detail- und kenntnisreich genau die „wohlmeinenden“ Tipps, welche die betreffenden Frauen Tag für Tag hören und in Zeitschriften lesen müssen. Zu ihrem Aussehen zum Beispiel:

Vater mit Karriere? Achte auf deine Augen! Durch Schlafmangel verursachte dunkle Augenringe können jeden Mann unsicher machen und ihn unfähig erscheinen lassen.

Aufwachen, beschäftige Väter! Frau und Kinder am Schlafen? Jetzt ist die Zeit, Müdigeit zu bekämpfen, Makel zu kaschieren und den Mund zu rehydrieren.

Wem das nicht fies genug ist, der erfreut sich an den Kommentaren, die offenlegen, dass Mütter mit Jobs sogar mit den Tipps diskriminiert und niedergemacht werden, die scheinbar dazu gedacht sind, ihnen aus ihrer misslichen Lage zu helfen:

Vater mit einem Job? Du musst nicht immer nett sein. Tatsächlich kann eine gelegentlich rechthaberische, Verantwortung übernehmende Attitüde dir mehr Respekt verschaffen.

Karrierevater? Männer, die aufstehen und Verantwortungsbewusstsein zeigen, anstatt darauf zu warten, gerettet zu werden, werden von ihren Kollegen respektvoller behandelt werden.

Und noch perfider wird es, wenn manwhohasitall mit spitzen Worten das doppelbödige Lob seziert, mit dem Frauen bedacht werden. Lob nämlich, das immer auf ein bestehendes Machtgefälle verweist und glaubt, mit milder Überraschung auf erfolgreiche Mütter im Beruf reagieren zu müssen:

Ich habe überhaupt nichts gegen männliche Geschäftsführer, solange sie in der Lage sind, harte Entscheidungen zu treffen.

Wussten Sie, dass Väter tatsächlich einige der meist talentiertesten, produktivsten, und beliebtesten Politiker in unserem Land sind?

In der Bloßstellung der Mechanismen hinter solchen Aussagen liegt der Wert dieser süffisanten Tweets. Und deshalb folgen dem Account nach kurzer Zeit auch bereits knapp 90 Tausend Menschen. Weil Vorurteile und Geschlechterungerechtigkeit eben nicht zwingend so offen misogynistisch daherkommen wie beispielsweise bei Donald Trump, wenn er über seine Konkurrentin Hillary Clinton schreibt.

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Sondern immer öfter irgendwie mitfühlend, schulterklopfend, „Nana, das wird schon“ mäßig. Streng dich mehr an, Mädchen, aber mach nicht zu viel, das gibt nur Falten. Dafür, dass du nur eine Frau bist, machst du das schon ganz gut. Benevolenten Sexismus nennt man das. Der mag ein bisschen netter und ritterlicher daherkommen, macht aber stets klar, wer das Sagen hat und wessen Ansprüchen genügt werden muss.

Nils Pickert