Männer können doch immer?!

Stockfotos für Erektionsprobleme ähneln sich häufig: Ein Mann sitzt auf der Bettkante und sieht ausgesprochen sorgenvoll aus. Textlich ist es auch nicht viel besser. „Impotenz bei Männern. Wenn der kleine Freund nicht mehr mitspielt“ überschreibt der Stern einen Text, der eigentlich eine adäquate Übersicht über die möglichen Gründe von Erektionsstörungen und etwaige Lösungsansätze darstellen soll. Es ist ein Elend. Das ganze Thema ist so tabuisiert und mit Anforderungen und Klischees überfrachtet, dass ein entspannter Umgang nicht möglich scheint. Denn es geht um Leistung, Männlichkeit, Außenwirkung, Druck, Macht und patriarchal geskripteten Sex. Und leider eben kaum bis gar nicht um Körper, Intimität, Lust, Selbstbestimmung und Spaß. Von allen Seiten wird sich an schlaffen Schwänzen abgearbeitet: Du musst dies, du musst das, hier drei Übungen, mit denen du deine „schlaffe Nudel“ in den Griff bekommst. Psyche hier, Ernährung da, wie ist eigentlich dein Fitnesslevel, was macht dein Pornokonsum, Mann, was ist denn los mit dir?!

Und wenn Männer doch darüber sprechen, dann tun sie es als Männer, die in der Vergangenheit mal davon betroffen waren, jetzt aber ihr Problem angeblich überwunden haben und penetrativen Sex wieder in der geforderten Härte angehen können. So geht das wirklich nicht weiter. Am besten fangen wir von vorne an:

Erektionen sind keine Bringschuld. Niemand hat Anrecht auf eine Erektion. Niemand muss sie leisten. Penetrativer Sex ist weder die einzige Art von Sex noch „die Königsklasse“. Nicht-penetrativer Sex ist kein Vorspiel, sondern Sex. Penetrativer Sex muss keinen erigierten Penis beinhalten.

Das Problem beginnt also nicht damit, dass keine Erektion „zustande gebracht wird“, sondern mit der Erwartungshaltung, dass sie für Sex dringend erforderlich ist: Sie definiert angeblich den Mann und charakterisiert ihn buchstäblich als potent, also mächtig. Und die Art und Weise, wie wir Männlichkeit erzählen, läuft genau darauf hinaus: Erweise dich als „machtvoller Ficker“, um dich als Mann zu beweisen. In diesem Kampf ist dein erigierter Schwanz deine Waffe. Dein Knüppel. Deine Latte. Dein Hammer. Dein Säbel, der juckt, weil es Krieg gibt, um mal einen in die Jahre gekommenen Herrenwitz von Jürgen von der Lippe zu zitieren. Was aber, wenn du unbewaffnet bis? Wenn die Erektion ausbleibt, dann ist „tote Hose“. Dann „regt sich da unten nichts mehr“. Dann bist du ein „Schlappschwanz“. Ein schlaffer Penis ist aber nicht tot. Er muss sich auch nicht um Regungsbefehle scheren, egal wie hartnäckig und fordernd sie vorgetragen werden. Mit einem schlaffen Penis kann man ziemlich geilen Sex haben und mit einem erigierten ziemlich ätzenden. Und umgekehrt.

Schau dir hier unser Video mit Fikri Anıl Altıntaş zum Thema an:

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Wenn wir in unseren Texten von Frauen und Mädchen bzw. Männern und Jungs sprechen, beziehen wir uns auf die strukturellen und stereotypen gesellschaftlichen Rollen, die alle weiblich und männlich gelesenen Personen betreffen. Wenn wir die Adjektive „weiblich” oder „männlich” benutzen, beziehen wir uns ebenfalls auf die stereotypische gesellschaftliche Verwendung der Begriffe. Häufig greifen wir auch Statistiken auf, die meistens leider nur die binären Geschlechter “Frau” und “Mann” berücksichtigen. 

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Bildquelle: Pinkstinks Germany e. V.

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