Sexismus für den guten Zweck

Nudeln statt Strohhalme aus Plastik – das ist doch mal eine gute Idee: Die Restaurantkette Sausalitos will bis Ende Juli die beliebten Trinkröhrchen an all ihren  Standorten ersetzen. Dafür kooperiert Sausalitos mit dem Start-up sunny PIPE und setzt auf eine Alternative, die komplett aus Weizen besteht. Und das aus gutem Grund: Wir ersticken in Plastikmüll. Statistisch gesehen erzeugt jede*r Deutsche davon jährlich 611 kg. Dabei ist beispielsweise eine Plastiktüte nur für 25 Minuten in Gebrauch. Ein Strohhalm noch kürzer. Trotzdem werden davon in Deutschland jährlich knapp 5 Milliarden verwendet. Nicht ohne Grund hat die EU angekündigt, Einmalprodukte aus Plastik verbieten zu wollen. Sausalitos hat dieser Entwicklung nun vorgegriffen und nicht ohne Stolz verkündet, dass man bereit ist, das jetzt gleich umzusetzen – auch wenn es wahrscheinlich mit Mehrkosten verbunden sein wird. Prima Sache. Leider wurde bei der Promotion der ganzen Aktion mal wieder in die Sexismuskiste gegriffen.

Nimm die Nudel in den Mund und #durchnudeln also. Aber natürlich „mit einem kleinen Augenzwinkern und nicht ganz ernst gemeint„. Obwohl klar sein sollte, worum es hier geht.

Und wenn wir schreiben „mal wieder“, dann meinen wir nicht, dass Sausalitos schon früher mit Sexismus aufgefallen wäre, sondern dass solche Der Zweck heiligt die Mittel Marketingaktionen für wirklich gute Sachen immer wieder vorkommt. Das gilt insbesondere für Frauenmünder und Oralsexanspielungen. Ende 2015 war es die Deutsche Knochenmarkspenderdatei DKMS, die diesbezüglich unangenehm aufgefallen ist.

Hier wie dort kommen Frauen nur zu Dekorationszwecken vor, sind eben nicht Retterinnen oder Spenderinnen. Stattdessen warten sie auf den Richtigen (Spender), stecken sich den Wattestäbchen in den Mund (logisch) oder nehmen die Nudel in den Mund. Alles für einen guten Zweck. Vorreiterin für dieses Vorgehen ist seit vielen Jahren die Tierrechtsorganisation Peta. Auch wenn sich viele Feminist*innen hinter Tierschutzbemühungen versammeln können, wird Petas Marketing regelmäßig scharf kritisiert. Bis zu dem Punkt, an dem ihr eigentliches Anliegen vollkommen ins Hintertreffen gerät. Denn Peta hat wirklich schon alles durch: Nacktheit als Blickfang,

Bodyshaming,

Anspielungen auf die Potenz

bis hin zu völlig offener Pornografisierung.

Der Zweck heiligt eben nicht die Mittel. Und egal wie sehr man sich hinter der Maxime verstecken mag, dass jede Form von Publicity gute Publicity ist: Letztendlich soll die so generierte Aufmerksamkeit ja zu mehr Umweltbewusstsein, Stammzellenspender*innen und Tierschutz führen. Hier kompromittiert sie allerdings ihre eigenen Anliegen und verkommt zum Selbstzweck. Bis das tatsächliche Geschäftsfeld nicht mehr darin besteht, die Werbetrommel für etwas zu rühren, sondern einfach nur noch die Werbetrommel zu rühren – und das auf Kosten anderer. Eine vegane Feministin hat das in der Karikatur eines Peta-Motivs auf den Punkt gebracht:

Sorgt mich nackt zu sehen bei dir dafür, dass du deine Rolle in der Ausbeutung von Tieren hinterfragst? Oder um es für die anderen Beispiele zu formulieren: Sorgen Frauenmünder und Oralverkehranspielungen tatsächlich für mehr Stammzellenspender*innen oder Umweltbewusstsein?

Ist die Antwort auf diese Frage wirklich so schwierig?!