Sexualisierte Gewalt in Werbung

In Interviews sagen wir es immer wieder: Unser Werbemelder*in Projekt ist ergebnisoffen. Das bedeutet, dass es zumindest theoretisch möglich wäre, nach zwei Jahren als Fazit zu ziehen, dass in Deutschland wenig bis gar nicht sexistisch geworben wird. Unsere Erfahrungen der letzten Jahre sprechen allerdings dagegen. Und die Einreichungen der ersten Wochen auch. Überraschend sind sie jedoch allemal. Denn womit wir nicht gerechnet haben – oder vielleicht auch nicht rechnen wollten – sind die Beispiele, die (sexualisierte) Gewalt andeuten oder gleich darstellen.

Ausdrückliche Triggerwarnung

Bei aller Kritik, die wir an Werbetreibenden üben: Diese rote Linie überschreiten sie zum Glück so selten, dass wir in Vorträgen zu diesem Thema zu notorischen, internationalen Beispielen greifen, die auch schon mal einige Jahre zurückliegen können. Wie dieses Motiv eines britischen Haarsalons von 2009,

welches suggeriert, dass man sich auch als Opfer von Gewalt doch bitteschön darum kümmern sollte, die Haare schön zu haben. Oder diese Anzeige eines Herstellers für Gürtel und Handtaschen von 2013.

Doch auch in Deutschland gibt es diese unrühmlichen Ausnahmen. Für eine der bekanntesten zeichneten sich 2016 die Firma Wiesenhof und ihr Testimonial Atze Schröder verantwortlich.

Und im gleichen Jahr befand eine Jobbörse in Kassel, dass sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz doch eine ziemliche harmlose und lustige Sache sei.

Wir hatten gehofft, dass so etwas 2017 endlich der Vegangenheit angehört. Leider ist dem nicht so. Denn auch wenn diese Werbung recht schlicht und unauffällig daherkommt,

müssen sich die Verantwortlichen schon die Frage gefallen lassen, warum eine Frau im Badeanzug „zum Anfassen einlädt“.

Wieso werden PVC Fliesen mit dem nackten Unterleib einer Frau beworben und mit dem Claim „Ich will es“ versehen?

Weshalb müssen wir uns angesichts solcher Motive

ernsthaft dafür rechtfertigen, dass wir Rügen des Werberats gegebenenfalls für zu wirkungslos halten und umfassendere Sanktionsmöglichkeiten fordern. Das kann doch alles nicht wahr sein!

Ist es aber. Es ist 2017, wir stecken (wieder mal) in einer Debatte über die horrenden Ausmaße und Auswirkungen von Belästigung und sexualisierter Gewalt gegen Frauen, und so wird tatsächlich geworben. Um es noch einmal ganz klar zu sagen: Selbstverständlich behaupten wir nicht, dass solche Motive zwingend und unmittelbar zu Übergriffen führen. Aber es gehört wirklich nicht viel zur Erkenntnis, dass da System dahinter steckt. Wenn wir als Kund*innen systematisch mit solchen Motiven angesprochen werden, dann lauten die beiden naheliegensten Fragen Warum und Mit welchem Recht. Und genau diese Fragen stellen wir. Heute und in Zukunft.