Sind Penis-Waffeln sexistisch?

Penis-Waffeln: „OMG yes!“ denken manche, die die Bilder von Papii-Waffeln auf Instagram sehen. Dick und mächtig, mit glänzend-triefenden Glasuren und Zuckergusslinien, die wie Adern wirken, läuft einigen Fans in Mund und Genital das Wasser zusammen, je nach Geschlecht, Sexualität und Interesse. 

Screenshot vom 18.8.21: Papii Waffles Berlin auf Instagram

Andere hingegen finden diese Bilder einfach nur unnötig bis hin zu abstoßend. Und das mag ganz verschiedene Gründe haben. Die einen, weil sie einen Penis genau so wenig antörnend finden wie einen großen Zeh und sehr viel lieber eine zuckrig glänzende Vulva vernaschen wollen würden. Andere, weil sie die Sichtbarkeit von Phallussymbolen im öffentlichen Raum einfach satthaben. Und weitere, weil sie die Bilder belästigend finden.

Was macht nun Pinkstinks, wenn wir ein Werbebild von Papii Waffeln aus Berlin in die Werbemelder*in eingeschickt bekommen? 

Screenshot 18.8.21: Papii-Waffeln in der Werbemelder.in als „nicht-sexistisch“ eingeordnet

Wir ordnen es als nicht-sexistisch ein. Dafür müssen wir zunächst entscheiden, ob das einzelne Bild eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts als solches darstellt, und hier sagen wir klar nein: Weil es wahrscheinlich einige Menschen als geschmacklos empfinden können, aber kein Geschlecht an sich diskriminiert. Viele Frauen finden es nicht nur heiß sondern auch lustig, in einen Waffel-Penis beißen zu können, so kann das Angebot auch als sexpositiv und ermächtigend gelesen werden. 

Anders verhält es sich mit einigen Werbebildern von Papii Waffeln, in denen Frauen lasziv am Waffel-Schwanz lutschen. Sie sind aufgrund des Protests inzwischen aus den Accounts von Papii entfernt worden und wirklich sollten die Zeiten vorbei sein, in denen wir ständig Cis-Heten-Männerfantasien von schwanzlutschenden Frauen sehen müssen. Man würde sich fast wünschen, Celeste Barber würde ein Bild posten, wie schwanzliebende Frauen wirklich dabei aussehen. 

Anders verhält es sich auch mit der Frage, ob es sexistisch ist, dass es kaum Vulven als Lollis, Waffeln, Nudeln, Lippenstiften etc. zu kaufen gibt. Auch hier können wir nicht das einzelne Werbebild für verhaften, aber generell die Frage aufwerfen: Warum gibt es die kaum? 

Screenshot 18.8.21: Eines der wenigen essbaren Vulven-Netzfundstücke.

Wenn wir annehmen, dass es bisexuelle, heterosexuelle und homosexuelle Menschen gibt, die auf Peniswaffeln abfahren, dann gibt es doch sicher auch welche, die auf Waffelvulven abfahren? Auch hier gilt, dass es Menschen, z.B. einige heterosexuelle Cisfrauen gibt, die Vulven nicht so lecker finden und den Gedanken, an ihnen Lolli-haft zu lecken, eher etwas abstoßend finden. Auch, wenn sie ihre Vulva als grandioses Lustobjekt empfinden, ist es für manche ein Körperteil wie jedes andere und hat für sie keinen berauschenden Duft. Aber auch jene, die persönlich nicht unbedingt an Muschis lecken möchten, kennen hoffentlich viele Männer und Frauen, die von Pheromonen kopflos werden können. Warum gönnt die Industrie denen nicht den Spaß, sich fantasievoll an Lollis und Waffeln zu begeistern? 

Abgesehen davon, dass Vulven-Waffeln sicher schwerer zu designen sind, sind Vulven im öffentlichen Raum noch viel tabuisierter als Penisse. Sie stehen für eine aktive weibliche Sexualität, die zu wenig sichtbar ist, auch wenn Cosmopolitan und andere Frauenmagazine sich zunehmend und rühmlich um unsere sexuelle Ermächtigung kümmern. Sie stehen auch für eine Lust an der Vulva, die noch zu oft unentdeckt ist, weil in der Populärkultur die Befriedigung von Frauen weniger priorisiert wird als die des Mannes. Oft muss man einen Mann erst mal darauf stoßen, wie lecker lecken ist – weil auch darüber unter Jungen wohl wenig gesprochen und es Sexualitätsforen von Männermagazinen nach oft als „na, muss man halt manchmal machen“ abgehakt wird.

Screenshot 18.8.21: Disney-Prinzessinen-Nudeln im Online-Versand

Die Frage ist nur: Wenn wir Nudel-Vulven in Massen kochen und verschlingen würden – fänden wir das so toll? Liebevoll geleckt ok, aber als uninteressant zu konsumierende Stärkezulage? Würden da nicht auch einige finden, das sei Diskriminierung? Würden sie. Aber wenn wir auch Prinzessinnen und Dinosaurier als Nudeln essen, dürfen es auch Muschis sein. Wir würden uns schon freuen, überhaupt mehr Vulven in unserer Kultur gezeichnet, fotografiert oder als Eiscreme zu sehen. Damit wir sie als weniger tabuisiert, erschreckend versteckt und ominös erleben. Die Dame wartet auf ihren großen Auftritt! Papii, wie wärs? 

Update: Wir haben mit Papii Waffles Berlin gesprochen und ab nächster Woche gibt es dort auch Vulven-Waffeln zu kaufen. Wir freuen uns!

Bildquelle: Cem Berkay Bulmus

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