Neu: Aufklärungsarbeit über Germanys Next Topmodel an Grundschulen!

Hätte der SPD-Bundesparteitag, der dieses Wochenende stattfand, nicht so viele andere brisante und für die Medien interessante Themen (TTIP, Doppelspitze, Bundeswehreinsatz in Syrien) gehabt, hättet ihr heute vielleicht eine solche Überschrift in eurer Tageszeitung gelesen. Aber über den Beschluss zur Bekämpfung einseitiger Geschlechterrollenbilder, die der SPD-Bundesparteitag am Freitag fällte, ist in der Presse nichts zu lesen. Dafür habt ihr ja uns: Wir erklären euch, was dieser Beschluss bedeutet.

Vorab müssen wir gestehen, dass wir heute einen ganz anderen Beschluss feiern wollten, der aber rein aus Zeitgründen auf den nächsten Parteikonvent („kleiner Parteitag“) verschoben wurde. Zwei Landesverbände (Berlin und Bayern) hatten die Implementierung unserer Gesetzesnorm gegen Sexismus in der Werbung ins Gesetz gegen unlauteren Wettbewerbe beantragt. Die Antragskommission hatte vorgeschlagen, dass die SPD-Bundestagsfraktion mit der Bearbeitung einer solchen Norm beauftragt werde. Nun waren Doppelspitze und Freihandelsabkommen so raumgreifend, dass wir uns weiter gedulden müssen. Das ist ärgerlich. Es kann sich nur noch um Wochen handeln, dass die SPD unsere Gesetzesnorm in den Fokus schiebt. Trotzdem: Mit dieser Extrarunde hatten wir nicht gerechnet und sind etwas enttäuscht.

Sehr erfreulich ist aber, dass die Umsetzung dieses Antrags (Nr. 24) der ASF (SPD-Frauen) beschlossen wurde: „Rollenbilder in den Medien: Frauen und Mädchen sind mehr als „Germanys Next Topmodel“ oder Prämien für den Bachelor!“ Hinter diesem Antrag verbergen sich ganz klare Ziele und Forderungen:

„Sendungen wie „Bachelor“, „Germany‘s Next Topmodel“, „Frauentausch“ und ähnliche Formate der kommerziellen Anbieter sind maximal als Abgrenzungsrollenbild geeignet. Zur Kenntnis nehmen müssen wir aber die hohe Einschaltquote, die diese Sendungen erzielen. Deshalb fordert der Bundesparteitag:

1.) eine Eindämmung der Verbreitung veralteter Rollenbilder in den Medien, insbesondere durch Erhöhung des Anteils von Frauen in Redaktionen und Führungspositionen in den Medien;

2.) eine Erhöhung der Präsenz weiblicher Helden sowohl im Erwachsenen- als auch im Kinder- und Jugendfernsehen, in Printmedien und in Videospielen;

3.) eine ausgewogene Besetzung mit Frauen und Männern in den Gremien der Medienanstalten;

4.) eine Programm- und Blattgestaltung mit geschlechtersensiblen Blick;

5.) Bekanntmachung der Beschwerdemöglichkeiten gegen Frauen diskriminierende Beiträge bei den öffentlich-rechtlichen Anstalten, bei den kommerziellen TV-Anbietern und beim Deutschen Presserat für die Printmedien. Gleiches gilt für den Deutschen Werberat.

6.) gendersensible Medienkompetenz als Unterrichtsbestandteil bereits im Grundschulbereich zu etablieren und Fachkräfte der gendersensiblen Medienpädagogik mit diesen Einheiten zu beauftragen.

7.) Lehrerfortbildungen zum Thema zu unterstützen und zu etablieren;

8.) eine zielgenaue Elternarbeit in Zusammenarbeit mit den Bildungseinrichtungen, und den Bildungseinrichtungen einen Zugang zu den verschiedenen Medien zu ermöglichen.“

Dieser Beschluss wird unsere Freund*innen von ProQuote, die mehr Frauen in den Chefredaktionen fordern, ebenso freuen wie uns. Doch obwohl wir alle mehr Frauen in den Redaktionen wünschen, ist die Frage, ob das allein dem Frauenrollenbild hilft. Auch die Bildzeitung oder viele Frauenmagazine, die klischeehafte Frauenrollenbilder prägen, haben Frauen in den Chefredaktionen. Trotzdem (und deshalb unterstützen wir ProQuote) ist diese Forderung ein Anfang.

Grundsätzlich brauchen wir Bildungsarbeit, um über Sexismus zu informieren. Schon längst machen wir mit unserer Theaterarbeit, Elternabenden und Vorträgen gendersensible Angebote an Schulen, sind stark nachgefragt und brauchen hierfür dringend Unterstützung. Unsere Arbeit an Schulen und in Bildungseinrichtungen ernten stets viel Lob und die stete Bekundung, wie wichtig diese Arbeit ist. Dass nun auch die Politik merkt, wie dringend wir Lehrpläne erweitern müssen und Arbeit wie unsere notwendig ist, freut uns. Wir sind gespannt, was dieser Beschluss in Fakten und Tatsachen bedeuten wird: Hoffentlich mehr Förderungen von Projekten wie unseren.

Inwieweit die Politik diverse Geschlechterrollen von den Sendern fordern kann, bleibt jedoch unklar. ProSieben würde ganz klar argumentieren (wie neulich bei unserer Podiumsdiskussion in München), dass mit „The Voice of Germany“, das diverse Geschlechterrollenbilder stärkt, schon ein starkes Gegengewicht zu „Germanys Next Topmodel“ kreiert worden ist, sie also weiter machen können wie bisher. Die konkrete Frage ist doch: In wieweit kann und darf die Politik Vorgaben machen, was Sender senden müssen? Dies ist ein schwieriger Bereich, der noch viel Diskussion bedarf.

Auch ein anderer Beschluss, nämlich die Bekämpfung von Fatshaming (Beschluss Nr. 25) freut uns sehr und klingt vielversprechend, das darin vorgeschlagene Verbot von digital verdünnten Körpern in der Werbung wird aber genauso um Diskussionen um Meinungsfreiheit nicht herum kommen. Wann ist etwas Vortäuschung falscher Tatsachen? Nur das retuschierte Körperbild oder auch der seidige Glanz im Haar, die glatte Gesichtshaut? Was ist dann erlaubt, was nicht? Geht das?

Und es kommen viel Fragen auf: Wie fördert man Heldinnen im Fernsehen? Durch Quotenvorgaben? Oder besser durch gesellschaftliche Diskurse, Social Media Kampagnen, mehr Bildung? Wir sind unglaublich gespannt auf diese Diskussionen in der SPD-Bundestagsfraktion und ihre weiteren Beschlüsse, werden diese verfolgen und hier weiter berichten.

Am meisten interessiert uns jetzt aber, wann der nächste Parteikonvent stattfindet, bald sollten wir es wissen. Wir halten euch auf dem Laufenden!

Stevie