Mädchen sein kann „frau“ auf viele Weisen. Müsste es nicht so heißen? Dort steht aber „man“, sehr groß. Ist uns das nicht aufgefallen? Doch, und es hat einen Sinn. Über die Herkunft des Wortes „man“ streiten sich nämlich die Etymologen.
Auf frauensprache.com wird argumentiert, „man“ stamme nicht von „Mann“, sondern aus dem Sanskrit, wo „man“ Mond oder Weisheit bedeutete. Dieser indogermanische Wortstamm fand sich auch im altrömischen „man“, womit auf Man, die Mutter aller Ahnengeister, verwiesen wurde. („Mann“ hieß im Altnordischen „wer“.) Die englische Isle of Man war z.B. der Mondfrau geweiht, die auch als Seejungfrau daher kam. Im Europa des Altertums sei es Mana, die Mondmutter, gewesen, die die Menschen hervorbrachte.
Als Quelle für diese Interpretation wird Barbara G. Walker’s „Das geheime Wissen der Frauen“ genannt. Walker war Autorin von Strickmustern und -büchern, bevor sie sich der Anthropologie zuwendete. Ihre Literaturhinweise werden angezweifelt und oft als ungenau enttarnt, so spannend sich ihre wissenschaftlichen Exkurse auch lesen. Wie erklärt also die Mainstream-Etymologie die Bedeutung des Wortes „man“?
Laut Wikipedia war Mannus der Stammvater der Germanen. Aber auch sein Name ist die Latinisierung des westgermanischen Nomens „man“, das als Mann und Mensch übersetzt ist. Wenn man davon ausgeht, dass die westgermanische Sprache vom Sanskrit beeinflusst wurde, fragt man sich, was an Walker’s Interpretation so falsch sein soll. Dann wurde eine möndliche Ur-mutter abgelöst von einem Stammesvater, ebenso wie dreizehn Mondmonate von einem Sonnenkalender ersetzt wurden, oder weibliche Göttinnen wie Aschera durch den einen, väterlichen Gott der Israeliten (und später Christen und Muslime), der ihre Aspekte in sich subsumierte, so wie in „man“ frau mitgemeint wird.
Ding ist: das nützt uns alles wenig. Wenn wir dick „man“ im Logo haben, wird trotzdem niemand wissen, dass es vielleicht ursprünglich weiblich gedacht war. Aber es weist darauf hin, dass unsere Sprache heute männlich ist. Während Altfeministinnen noch für eine inklusive Sprache kämpfen, finden junge Frauen es peinlich, wenn sie mit „liebe Studentinnen und Studenten“ angesprochen werden, oder rollen die Augen über subversive Endungen mit Unterstrich. Sie fühlen sich in der männlichen Endung mitgemeint. Ihre Genervtheit verhindert jedoch nicht die Frage, die jedes Kind irgendwann im Kindergartenalter stellt: „Wieso sagst du „die Erzieher“? Ich habe doch eine Erzieherin?“ Meiner Meinung nach spüren sie in unserer Sprache unsere Geschichte, die von einer jahrhundertelangen Unterdrückung der Frauen erzählt.
Als „wer“ zu „Mann“ wurde, wurde auch „man“, wenigstens gehört, zu „Mann, Mensch“ – vielleicht zu der Zeit, als Gott ein eindeutig männliches Geschlecht bekam, der erste Mensch als Mann definiert wurde, und Göttinnen wir Aschera vernichtet wurden. Schön wäre, wenn wir „man“ wirklich zum geschlechtslosen Menschen machen könnten, aber dann müsste auch „Mann“ wieder „wer“ werden – das geht nicht. Wir müssen andere Wege finden, die Sprache zu reformieren: Doppelnennungen sind nervig, Unterstriche sind nicht ideal. Liebe „Germanist_innen“, lasst euch doch bitte etwas einfallen. Bis dahin eiern wir herum und drucken „man“ fett, denn es erzählt unsere Geschichte.