Ich schreibe diesen Text auf die Gefahr hin, dass mir niemand glaubt. Egal wie emotional ich werde, Dinge versachliche, gute oder weniger gute Vergleiche ziehe, hauptsächlich von mir spreche oder vor allem von anderen Personen: Am Ende ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass ich den Eindruck vermittelt habe, als außergewöhnlich aktiver, total kompetenter Supervater wahrgenommen werden zu wollen, der ziemlich angefressen von all den Versagern ist, die nicht so ein Supervater sind wie er selbst.
Huldigt mir, ich verbringe Zeit mit meinen Kindern! Und wenn ihr mir dafür nicht huldigt, dann huldigt mir für meine Kritik daran, dass Vätern zu viel gehuldigt wird. Oder meine Metakritik daran, dass man noch nicht mal Väterhuldigungen kritisieren kann, ohne dass einem als Vater gehuldigt wird. Egal wie viele Ebenen ich einziehe, es kann immer noch eine Ebene hinzugefügt werden, deren Endergebnis lautet, dass sich hier jemand in seiner Vaterrolle ganz schön wichtig nimmt. Sei es nun im Modus des Over- oder des Understatements, mit Wut oder Koketterie. Und weil sich daran kaum etwas ändern lässt, kann ich ja auch einfach sagen, wie es ist:
Diese ganze Superväter-Kiste (oder auch wahlweise Supererzieher) ist nicht nur ein Schlag ins Gesicht aller Frauen, die jeden Tag, unbeachtet, unbefeiert und oft eben auch unbezahlt Gleiches oder mehr leisten. Sie ist auch ein Ärgernis für all die Väter, die einfach nur ihren Beitrag leisten und es durchaus begrüßen würden, wenn Väter nicht ständig als übertrieben lächerlich und inkompetent dargestellt werden oder als unfassbare Superväter.
Das Konzept der Superväter ist dabei in doppelter Hinsicht ein Problem. Zum einen weil Väter dabei immer wieder für Dinge abgefeiert werden, die zu dem normalen Aufgabenbereich einer fairen und partnerschaftlichen Elternschaft gehört. Oft sogar für Dinge darunter. Für ihr am Wochenende die Kinder abnehmen. Für auch mal Kochen weil doch Muttertag ist.
PSA:
— Michelle Janßen (@mianjanssen) 30. Mai 2019
Ein Kind zeugen macht einen nicht zum Supervater.
Einmal nen Teller abwaschen, nachdem man dreimal dran erinnern musste, macht einen nicht zum Supermann.
Das bare Minimum ist nicht genug.
Zum anderen weil der Umstand, dass man als Vater seinen Beitrag leistet, zu einem Ideal stilisiert wird, dass ob seiner Unerreichbarkeit gar nicht erst angestrebt werden braucht. Ja gut, dein Mann ist ja auch Koch/Freiberufler/Erzieher/vernarrt in Kinder/Hausmann, da ist das ja kein Wunder.
Oder auch Ich könnte mir den Luxus zu Hause zu bleiben ja nicht leisten.
Ach, tatsächlich?
Der Mythos und der Anspruch Supervater versperrt genauso die Sicht auf alltägliche, verantwortungsvolle Vaterschaft wie diese Deppenväter, die beispielsweise Edeka aus dem Werbehut zieht. Nur traut man es den Supervätern nicht zu. Stattdessen meint man, dass Superväter andere, nicht ganz so involvierte Väter über die Vorbildfunktion mitziehen könnten. Und auch ich bin nicht vor diesen Awww-Momenten gefeit, vor inszenierter oder sogar sehr reeller liebevoller, aufmerksamer, bestärkender, verantwortlicher Vaterschaft.
Mich berührt das. Aber Vaterschaft sollte mehr sein als dieses Awww. Beziehungsweise auch mal weniger. Sie erschöpft sich nicht nur in außergewöhnlichen Momenten, in filmreifer Liebe und Zuneigung, im Supersein. Erst wenn Vaterschaft ebenso anstrengend, zäh, nervtötend, langweilig und beschissen sein kann wie Mutterschaft, wird Vaterschaft ernsthaft getestet.
Bis dahin stehen Superväter guten Vätern im Weg. Entweder weil man mit Blick darauf, sowieso nie ein Supervater werden zu können, aufhört, ein guter Vater sein zu wollen. Oder weil normale, wenig glamouröse gute Vaterschaft gegen den geballten Flausch für angebliche Superväter farblos und uninteressant wirkt. Dabei ist sie genau das, was viel zu oft fehlt.
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