Tennis als Geschlechterkampf

Am 23. November kommt endlich die deutsche Version von Battle of the Sexes mit dem Titelzusatz Gegen jede Regel in die Kinos. Der Film erzählt die Geschichte des 1973 ausgetragenen Tennismatches von Billie Jean King und ihrem Kontrahenten Bobby Riggs. Riggs, der im gleichen Jahr Margaret Court bezwungen und anschließend verkündet hatte, jede Frau schlagen zu können, verlor vor über 30000 Zuschauer*innen im Station und 90 Millionen weltweit glatt in drei Sätzen.

Der Film ist nicht nur gut gemacht und – gerade von der Hauptdarstellerin Emma Stone – hervorragend gespielt, sondern bietet auch einen interessanten Ausgangspunkt, um einen Blick darauf zu werfen, wie es um den Tennissport bestellt ist. Wie war es damals, wo stehen wir heute? Was hat sich zum Positiven geändert und wo gibt es noch jede Menge zu tun?

Die Ausgangslage Anfang der 70iger ist innerhalb und außerhalb der Tenniswelt von unverholenem Chauvinismus und blankem Sexismus geprägt. Es ist jedoch nicht ganz klar, wo diese Dinge ursächlich zu verorten sind. So wird dem Film verschiedentlich vorgeworfen, dass er zu nett mit dem herablassenden Obermacho Bobby Riggs umgegangen ist, der von Zeitgenossen schon mal als der „schmierigste Typ des Planeten“ bezeichnet wurde. Zugleich war King und Riggs bewusst, dass sie stellvertretend für viele andere einen Geschlechterkampf austragen würden, den beide auch entsprechend inszenierten und befeuerten. Sie waren nicht so alte Bekannte wie im Film angedeutet, wurden aber nach dem Match umso bessere Freunde. Es ist also gerade bei Riggs nicht klar, wo sein innerer Sexist beginnt und wo seine Antizipation einer zutiefst sexistischen, wenn auch im Aufbruch begriffenen Gesellschaft endet. Unabhängig davon umriss Billie Jean King nach ihrem Sieg ziemlich genau, was auf dem Spiel stand:

„Ich dachte, es würde uns um 50 Jahre zurückwerfen, wenn ich das Match nicht gewinne. Es würde die Tennistour der Frauen ruinieren und das Selbstbewusstsein aller Frauen beeinflussen. Ich wusste, dass es sehr wichtig war zu gewinnen, wenn ich erreichen wollte, dass Frauentennis und Frauen ganz allgemein ernstgenommen werden.“

Seit ihrem Sieg hat sich in der Tenniswelt viel zum Positiven verändert und auch dabei spielte King eine wichtige Rolle. So war sie unter anderem Mitbegründerin der Women’s Tennis Association und erstritt, dass die US Open als erstes Turnier überhaupt gleiche Preisgelder für Männer und Frauen auslobten. Auch heute finden noch gelegentlich Battle of the Sexes statt, aber nicht mehr unter der sexistischen Prämisse, dass eine Frau ihren sportlichen Fähigkeiten und ihren Wert nur dadurch beweisen kann, dass sie gegen einen Mann gewinnt. Frauentennis wird nicht mehr wie zu Kings Zeiten als lachhafte Nebensächlichkeit behandelt. Mit Publikumsmagneten wie den Williams Schwestern ist das Damen-Finale der US Open sogar schneller ausverkauft als das der Herren. Und ein Weltklassespieler wie Andy Murray verpflichtet nicht nur wie selbstverständlich eine Frau als Trainerin sondern weist auch immer wieder auf bestehende Alltagssexismen im Tennis hin.

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Denn trotz aller Veränderungen bleibt noch viel zu tun. Außerhalb der vier bedeutensten Tennisturniere werden Spielerinnen immer noch schlechter bezahlt. Und gerade erst hat der Weltranglistenerste, Novak Djokovic, mit Verweis auf Ticketverkäufe und Aufmerksamkeit wieder die Besserstellung von Männern auch in diesen Turnieren gefordert. Frauen spielen bei Turnieren nicht so oft auf den Hauptplätzen, sie werden medial nicht so beachtet und falls doch, dann immer wieder sexistisch. Spielerinnen werden von Reportern aufgefordert, sich im Tennisdress doch mal zu drehen,

oder gar gleich für hässlich befunden. Spielerinnen sollen Gott auf Knien für Spieler danken, weil die ja schließlich den Sport tragen würden. Gleichzeitig wird den Willams Schwestern seit Jahren vorgeworfen, sie seien unweiblich, zu siegesorientiert und zu verbissen. Man macht rassistische Bemerkungen über ihre Kinder, bezeichnet sie als Gorilla und spricht verächtlich von ihren Fähigkeiten. Dass jemand wie Andy Murray konsequent ihre Leistungen herausstellt

und sich weigert, in sexistische Bemerkungen hineinzulachen (der übliche „War ja nur Spaß“ Move eben), bleibt die Ausnahme von der Regel.

So gesehen ist Battle of the Sexes nicht nur ein Biotopic aus einer Decade, die heute nicht mehr viel mit uns zu tun hat. Ebenso wie die sexistischen Mechanismen der Tenniswelt nicht nur auf diese beschränkt sind, sondern die Problematik außerhalb des Sports widerspiegeln. Deshalb lohnt sich ein Blick auf Tennis damals und heute. Um zu sehen, was erreicht wurde, und um sich klar zu machen, was alles noch zu tun bleibt.

Beitragsbild © 20th Century Fox