Die Studie Teenage Daughters as a Cause of Divorce hat es wirklich in sich: 2017 veröffentlichten zwei australische Wissenschaftler diese Arbeit über das Phänomen, dass Ehepaare von erstgeborenen Teenager-Töchtern sich häufiger scheiden lassen als andere.

Töchter als Scheidungsgrund

Die Studie Teenage Daughters as a Cause of Divorce hat es wirklich in sich: 2017 veröffentlichten zwei australische Wissenschaftler diese Arbeit über das Phänomen, dass Ehepaare von erstgeborenen Teenager-Töchtern sich häufiger scheiden lassen als andere. Als Beobachtungsfeld wählten sie hierfür die Niederlande. Zwar hatten vorangegangene Studien auch in den USA eine entsprechende Tendenz gezeigt, aber sie ließ sich aufgrund der mangelhaften Datenlage nicht erhärten. In den Niederlanden konnten sich die Forscher 2 Millionen Ehen über einen Zeitraum von 10 Jahren genauer anschauen und sich damit ein umfassendes Bild machen. Die Ergebnisse sind überraschend und gleichzeitig auch wieder nicht.

So gelang es der Studie, eine Hypothese zu widerlegen, die in der Vergangenheit schon häufiger formuliert wurde: Verheiratete Elternpaare von erstgeborenen Töchtern trennten sich unter anderem auch deshalb, weil ein vordringlicher Wunsch nach erstgeborenen Söhnen existiere. Die daraus resultierende Enttäuschung würde die Beziehung erschüttern und so zu einer Zerrüttung beitragen. Die australische Studie fand nun heraus, dass die Wahrscheinlichkeit einer Scheidung der Eltern nur in der Pubertätsalterspanne von 13 bis 18 bei Töchtern gegenüber Söhnen um 5% erhöht ist – mit einer Spitze im Alter von 15 Jahren, wo die geschlechtsspezifische Differenz fast 10% beträgt. Vor und nach dieser Zeitspanne gibt es keinen Unterschied. Wenn ein vordringlicher Wunsch nach erstgeborenen Söhnen existierte, müsste die Scheidungsrate aber auch im Alter von 1 bis 12 Jahren messbar erhöht sein. Das ist also nicht der Grund. Aber etwas anderes ist auffällig:

Die erhöhte Wahrscheinlichkeit einer Scheidung gilt nur für Paare, bei denen der Vater ohne eine oder mehrere Schwestern aufgewachsen ist. Bei mindestens einem weiblichen Geschwisterkind ist sie komplett hinfällig. Die Forscher leiten daraus die Hypothese ab, dass Männer, die als Kinder und Jugendliche nicht mit den Bedürfnissen und Lebensrealitäten einer Schwester konfrontiert wurden, einer pubertierenden Tochter deutlich mehr Unverständnis entgegenbringen und im Zusammenleben Stress empfinden als Männer, die diese Erfahrung gemacht haben.

Andere Studien stützen diese Vermutung: Eltern mit Teenager-Töchtern sind sich häufiger uneinig über die Ziele ihrer Erziehung und unzufriedener mit den innerfamiliären Beziehungen. Die Töchter wiederum geben an, deutlich schlechtere Beziehungen zu ihren Vätern als zu ihren Müttern zu haben. Für sie gelten durchschnittlich mehr Regeln und eine strengere elterliche Überwachung als für gleichaltrige Söhne.

Das alles ist, wie bereits erwähnt, gleichermaßen neu wie bekannt. Wir wissen schon länger, dass Vätern eine Schlüsselrolle zukommt, wenn es darum geht, die jetzige Gesellschaft in einer offenere, inklusivere und geschlechtergerechtere zu transformieren. Aber die vielen Details, aus denen sich ein Gesamtbild zusammensetzen ließe, liegen weit verstreut. So verhalten sich Väter laut Studien ihren Töchtern im Kindesalter aufmerksamer gegenüber als ihren Söhnen. Sie singen, pfeifen und sprechen mehr mit ihren Mädchen, während sie mit ihren Jungen mehr raufen und toben. Sie erlauben sich Töchtern gegenüber deutlich mehr emotionale Offenheit und legen bei Söhnen mehr Wert auf Härte und Schmerztoleranz. Zu viele Fragen sind noch offen:

Hat dieses Verhalten womöglich Auswirkungen auf eine etwaige Enttäuschung, wenn sich die Tochter in der Pubertät abgrenzt?
Wieso verlängern Töchter die Lebensspanne von Vätern, aber Söhne wie Töchter verkürzen die der Mutter? Und warum gibt es eigentlich nahezu ausschließlich Bücher über narzisstische Mütter, aber nicht über narzisstische Väter?

Die Fragen sind da, die Spekulationen liegen auf dem Tisch.

Aber auf dem Weg in eine Gesellschaft, die sich durch mehr Aktzeptanz, vielfältigeren Genderrollen und Geschlechtergerechtigkeit auszeichnen soll, bleibt noch viel zu tun und zu erforschen.

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