Und wie heiß ist Deine 6-jährige?

Halloween steht vor der Tür. In Kitas und Schulen verursacht der Tag einen kleinen Ausnahmezustand: Da gibt es Kostümpartys, Gruselshows und eine Menge Süßigkeiten. Allem voran Eltern, die sich dazu genötigt sehen ihre Kinder in passender Verkleidung in Kitas und Schulen abzuliefern. Die Kostümsuche erweist sich dabei als viel gruseliger, als Halloween es je sein könnte. Der deutschsprachige Online-Shop des Spielwarenkonzerns Toys’R’Us ist ein gutes Beispiel. Hier werden die Kostüme noch immer in die Kategorien „Jungen“ und „Mädchen“ unterteilt. Die Auswahl ist vollgepackt mit stereotypen Geschlechterklischees. Mädchen werden zur „verträumten kleinen Magierinnen“, zur „bezaubernden“ Pink Punk Princess oder zum „niedlichen Kätzchen“. Jungs hingegen zu „höllisch coolen“ Teufeln, zu „gruseligen“ Horrorfiguren oder dürfen als „selbstbewusster“ und „unheimlicher“ Graf Dracula ihr Unwesen treiben. Klar, immerhin sind Mädchen doch zum süß aussehen da, oder?

Die Erwartungshaltung an Mädchen niedlich zu sein, kann als eine direkte Verbindung zu den Erwartungen mit denen sie später als Frau konfrontiert werden gesehen werden: Nämlich dem „Sexysein“. Wie heftig nah diese beiden Vorstellungen aneinander liegen, wird besonders drastisch bei der Produktbeschreibungen des Kostüms „Devil Girl“ deutlich. Das „Devil Girl“ wird als „absolut heiß“ beschrieben und dazu ermuntert mit ihrer „schmalen Taille“ „wild auf dem Vulkan zu tanzen“. Die „diabolischen Spielchen sind als Devil Girl endlich erlaubt“ damit alle „Teufel unruhig“ gemacht werden. Nein, hierbei handelt es sich nicht um ein Kostüm für Erwachsene. Sondern um eine Verkleidung welche von Toys’R’Us explizit für Kinder ab sechs Jahren empfohlen wird. Entschuldigung, aber: Warum sollten wir 6-Jährige als eine Art Sexteufel verkleiden? Hier werden Kindern Geschlechtervorstellungen übermittelt, die Frauen als dekorative, sexuell stets verfügbare Objekte darstellen und das schon im Kindesalter. Toys’R’Us schlägt hier über mehr als nur eine rote Linie und das nicht nur einmal. Das gleiche Kostüm wird in einer kleineren Größe tatsächlich noch anrüchiger beworben.

Diabolisch

Eine Kontrolle dessen, was unter den Kostümen stehen kann, wird offenbar als unnötig empfunden.

Zum Glück gibt es positive Beispiele im Netz, bei denen sich auch Spielwarenkonzernen, wie Toys’R’Us Anregungen holen können. Die Initiative Heroic Girls, macht mit ihrer Kampagne #morethancute Vorbilder für alternative Halloweenkostüme sichtbar.

Auch die Plattform „A mighty girl“, sammelt seit Jahren Spielwaren, die jenseits stereotyper Mädchenklischees liegen. Zu Halloween gibt es den „Girl Empowerment Halloween Costume Guide“ in dem zahlreiche bunte, gruselige und witzige Kostüme vorgestellt werden. Außerdem wird nach Kostümkategorien oder der Altersgruppe sortiert. Leider können viele der dort vorgestellten Verkleidungen in Deutschland nicht gekauft werden, was uns anspornen sollte den Druck auf die Spielzeugindustrie hierzulande zu erhöhen. Damit Spielwaren- und Kostümkonzerne aufhören eine profitorientierte Marktstrategie zu fahren, die Kinder in enge Geschlechterkategorien quetscht und obendrein noch sexualisiert.

So schwer kann es schließlich nicht sein, wie Toys’R’Us selbst beweist. In Großbritannien und in Schweden hat das Unternehmen die Kategorien längst abgeschafft. Also Toys’R’Us Germany, wie wär’s?

Lisa Lehmann

UPDATE: Toys’R’Us hat das Kostüm „Devil Girl“ inzwischen entfernt. In einer Stellungnahme teilt das Unternehmen mit: „Wir haben unverzüglich die Kostüme von der Seite genommen und prüfen derzeit, wie dieser Text, von dem wir uns ausdrücklich distanzieren, versehentlich in die Produktbeschreibung gelangen konnte.“. Das ist zumindest ein Teilerfolg. Denn auf Geschlechterkategorien möchte Toys’R’Us auch in Zukunft nicht verzichten: „Die Unterteilung in Geschlechter dient dem Kunden als Hilfe um sich in der Fülle an Artikeln besser orientieren zu können und ist keine Vorgabe unsererseits. Diese Entscheidung überlassen wir den Eltern, die ihre Kinder kennen und wissen was diese sich wünschen!“. Wir fragen uns, warum eine solche Orientierung nur in Deutschland, aber nicht in Großbritannien oder Schweden notwendig ist.