Heldinnen werden zu oft vergessen! So wie Claudette Colvin, eine der Vorreiterinnen der US-amerikanischen Bürgerbewegung, die sich 9 Monate vor Rosa Parks weigerte, ihren Sitz für eine Weiße freizumachen. Wir müssen uns an sie und an die vielen anderen großartigen Frauen erinnern, um eine bessere Zukunft sehen zu können.

Vergessene Heldinnen

Diesen Samstag, den 5. September, ist der 81. Geburtstag von Claudette Colvin. Eine Frau, die sich mit 15 Jahren in einem mutigen Akt des zivilen Ungehorsams gegen den Rassismus der angeblichen Überlegenheit von Weißen in den USA erhob, indem sie sitzen blieb und sich weigerte, in einem öffentlichen Transportmittel einer weißen Frau ihren Sitz freizumachen. Und wer jetzt denkt, dass ist doch aus der Biografie von Rosa Parks, liegt nicht ganz falsch. Parks und Colvin kannten sich, waren beide Mitglieder des NAACP, um für die Rechte von Schwarzen einzutreten, und kämpften für die gleichen Ziele.

Rosa Parks war die Mentorin von Claudette Colvin. Die damals 42 jährige Parks sammelte Spenden für den Rechtsbeistand von Colvin, die sich 1955 bereits 9 Monate vor ihrer berühmten Mentorin weigerte, für Weiße Platz zum machen. Und doch ist ihre Geschichte kaum bekannt. In den letzten Jahren wurden in den USA einige Bemühungen unternommen, mehr Licht auf Colvin und ihre Bedeutung für die schwarze Bürgerrechtsbewegung zu werfen. Denn der Tatsache, dass „die Geschichte Colvin an den Sitz geklebt hatte“, wurde lange Zeit viel zu wenig Beachtung geschenkt.

Die Gründe hierfür sind so schnell erzählt wie weitreichend für das Verständnis aller emanzipatorischen Bewegungen: Als für die junge afroamerikanische Bürgerrechtsbewegung die Entscheidung anstand, wer das Gesicht des Busboykotts von Montgomery sein sollte, fiel die Wahl nicht auf die schwangere Minderjährige mit vergleichsweise dunkler Haut, sondern auf Rosa Parks, die die Führungsriege des NAACP für geeigneter hielt, um Weißen klarzumachen, worum es geht.

Bei diesem Busboykott drehte es sich nicht darum, wie Colvin es später formulierte, dass „Rosa Parks sich in einem Bus hinsetzte und damit die Segregation beendete„. Es ging um eine ganze Reihe von Protesten. Es ging um eine ganze Bewegung. Es ging auch um Aurelia Browder, Susie McDonald und Mary Louise Smith. Schwarze Bürgerrechtsaktivistinnen, die sich nach Colvin und vor Parks ebenfalls weigerten, für Weiße aufzustehen und Mitangeklagte in dem Gerichtsverfahren waren, das im Juni 1956 und vor dem Supreme Court im November 1956 die Verfassungswidrigkeit der Segregation feststellte. Das Urteil fiel mit Bezugnahme auf die zuvor im Mai 1954 festgestellte Verfassungswidrigkeit von „Rassentrennung“ in Schulen. Auch hierin zeigt sich, auf wie vielen Schultern die Last des Protests und der Kampf für Gleichberechtigung lag. Diese Tatsache ändert nichts an der herausragenden Bedeutung von Rosa Parks für die Bürgerrechtsbewegung und schmälert nicht ihre Leistungen. Colvin selbst hat Parks das nie zum Vorwurf gemacht, auch wenn sie sich mehr Anerkennung gewünscht hätte. Aber sie gab Parks Recht, die der Überzeugung war, dass die Presse die Teenagermutter aus der Unterschicht zerfetzt und sich damit der Fokus weg vom Protest verschoben hätte. Sie sollte in jedem Fall die Anerkennung erfahren, die ihr zusteht.

Claudette Colvin wurde für ihren friedlichen Protest gegen die unrechtmäßigen Privilegien von Weißen, von der Polizei mehrfach getreten und verhaftet. Sie hätte als vulnerable Jugendliche aus der Unterschicht damals mehr Schutz von ihren Mitstreiter*innen verdient gehabt, wie die Aktivistin Gwen Patton später festhielt.

Claudette Colvin ist ein herausragendes Beispiel für Mut, Gerechtigkeitssinn und den Wunsch nach Freiheit. Sie ist aber auch ein Beispiel dafür, wie die Geschichte, wie wir alle insbesondere mit Frauen umgehen, die unbequem sind, Veränderungen wollen, Forderungen stellen und sich nicht klein beigeben. In Belarus sind es aktuell vor allem Frauen, die zu Tausenden gegen die unerträgliche politische Situation auf die Straße gehen.

Sie tun das im Angesichts einer Staatsmacht, die nicht einmal davor zurück schreckt, ihre Kinder einzuschüchtern und zu bedrohen.

Es wird unser aller Aufgabe sein, jetzt und in Zukunft nach Kräften dafür zu sorgen, dass Heldinnen nicht mehr vergessen werden.

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