Was macht einen Körper weiblich?

Zierlich, aber an den richtigen Stellen rund. Dabei bloß nicht zu rund. Glatt auf jeden Fall – also unbedingt haar- und dellenlos. Ja keine breiten Schultern oder großen Füße. Und niemals über 1,80 Meter. Was ein weiblicher Körper alles abhaken muss, um als weiblich zu gelten – uff!

Und wehe, ein Körper weicht zu sehr davon ab. Dann hagelt’s Hass und Häme.

Denn weibliche Körper unterliegen strikten Schönheitsidealen. 

Zwar ändert sich im Laufe der Zeit, was als weiblich gilt. Es unterscheidet sich auch von Kultur zu Kultur. Aber immer bestimmt die Gesellschaft, was Weiblichkeit ausmacht. Selbst die meisten Frauen haben diese von außen vorgegebenen Normen komplett verinnerlicht. Und haben deshalb Selbstzweifel. 

Doch welche Normen sind das, warum ist das so und wie könnte es auch anders gehen?

Der geschlechtliche Körper

Ein Körper ist im Grunde erst mal nur ein Körper – also die äußere Hülle eines menschlichen Wesens. Und diese Hüllen sehen sehr verschieden aus. 

Weil aber das Umfeld Leute gern in Schubladen sortiert, werden Merkmale an so einem Körper auf eine bestimmte Weise interpretiert. Dadurch werden dem Körper gewisse Vorstellungen übergestülpt. Beispiel: Ein Körper hat breite Schultern, viele Haare an den Beinen und ist groß – das muss ein männlicher Körper sein. Schublade auf – Körper rein – Schublade zu!

Aber wieso ist es so wichtig, Körper ausgerechnet nach Geschlecht in männlich und weiblich einzuteilen? 

Die patriarchale Gesellschaft kennt nur zwei Geschlechter: Mann und Frau. Männer sind das „starke Geschlecht“, Frauen das „schwache Geschlecht“. Dabei geht es nicht ums Gewichtheben, sondern vor allem um Macht. Männlichkeit wird mit Stärke, Vernunft, Härte und Durchsetzungsfähigkeit verknüpft; Weiblichkeit mit Schwäche, Gefühlen, Weichheit und Unterlegenheit.

Diese geschlechtlichen Normvorstellungen werden von außen am Körper festgepappt. Sie bestimmen, was eine Person tun darf, wie sie sich verhalten und fühlen soll. Nur anhand ihres Aussehens.

Penis und Brüste sind nicht genug! 

Darum empfindet auch das Patriarchat nicht binäre Menschen als störend – sie untergraben die Machtverhältnisse, weil sie sich nicht in männlich und weiblich einsortieren lassen. Und Menschen nicht eindeutig nach Geschlecht einordnen zu können, ist für manche Leute verwirrend. Sie wissen dann nicht, ob sie ihnen die Tür aufhalten oder doch beim Vordrängeln den Ellenbogen in die Seite rammen sollen.

Die Einteilung rein nach primären und sekundären Geschlechtsmerkmalen – „Es hat einen Penis, es ist EIN KERL!“ – reicht übrigens nicht aus, sondern ist sehr vereinfacht. Denn menschliche Geschlechtlichkeit besteht aus mehreren verschiedenen Ebenen; Fortpflanzungs-Organe sind nur eine einzige davon. Unter anderem spielen auch Hormone eine Rolle. Plus das genetische Geschlecht und die geschlechtliche Identität. All das liegt übereinander und spielt zusammen.

Körpermerkmale und Selbstwahrnehmung

In einer westlichen, patriarchalen Gesellschaft sind weibliche Körpermerkmale klar definiert. Weiblich ist alles, was direkt oder indirekt mit Fruchtbarkeit zu tun hat. Zum Beispiel breite Hüften, glatte Haut, runder Po, volle Brüste und so weiter. Denn im Patriarchat sind weibliche Körper vor allem für Sex und Kinderkriegen vorgesehen.

Aber nicht nur Geschlecht, auch Schönheit ist ein kulturelles Konstrukt. In einer eurozentrischen Ästhetik wird zum Beispiel Wert auf helle Haut, helle Augen, langes, glattes und helles Haar, feinere Gesichtszüge und einen schlanken Körper gelegt.

All das lernen schon Kinder, insbesondere Mädchen und weiblich gelesene Kinder. Ihnen wird von klein auf eingetrichtert, dass Frauen und weiblich gelesene Personen schön sein müssen, dass schöne Frauen beliebter sind und Schönheit eng mit sozialem Status verbunden ist. 

Weiblichkeit = Schönheit; Schönheit = Fruchtbarkeit; Fruchtbarkeit = bloß keine dunklen Haare an den Beinen! 

Frauen, die diese Vorstellungen von weiblichem Aussehen verinnerlicht haben, beurteilen andere und sich selbst besonders hart. Sie neigen zu einer kritischen Selbstwahrnehmung und können sich selbst und andere nicht so gut akzeptieren. Und sie tendieren auch eher zu Eingriffen – von simplen Enthaarungsbehandlungen bis zu Po-Implantaten. Nur, um dem Weiblichkeits-Ideal zu entsprechen und sich feminin zu fühlen.

Das sind häufig auch diejenigen, die überflüssige „Iiih, Haare!“-Kommentare schreiben, wenn auf einem Foto in sozialen Netzwerken ein Körper zu sehen ist, der eben nicht den weiblichen Vorstellungen des Patriarchats entspricht.

Body Acceptance 

Das muss aber alles gar nicht so sein!

Wenn wir uns endlich mal davon lösen, bestimmte Körpermerkmale als nur männlich oder weiblich zu definieren, eröffnen sich ganz neue Möglichkeiten fürs Menschsein. Denn jeder Körper ist unterschiedlich.

Es gibt verschiedene Körperproportionen. Egal, ob wir uns dabei nach dem Birne-Apfel-Obstprinzip, der Kibbe-Einteilung oder Sheldons Konstitutionstypen richten. Auch viel oder wenig Körperbehaarung variiert von Mensch zu Mensch. Und Körper verändern sich im Laufe des Lebens. Aus einem einzelnen borstigen Haar am Kinn wird ein kleiner Wald, die Mitte wird runder und weicher, der Po flacher, die Geheimratsecken eckiger, die Stirn dehnt sich nach hinten aus… 

Hier kommt Body Acceptance ins Spiel. Das bedeutet, den eigenen Körper einfach so zu akzeptieren, wie er ist. Auch, wenn wir nicht mit allen Aspekten zufrieden sind. 

Es gibt stupsnasige Männer mit schmalen Schultern, runden Hüften, kleineren Füßen, feingliedrigen Händen oder wenig Behaarung. Genauso gibt es breitschultrige Frauen mit Quadratkiefer, schmalen Hüften, riesenhaften Händen oder beeindruckendem Brust- und Bauchnabelhaar! Plus all die Personen, die weder das Eine noch das Andere sind und sein wollen.

Kein Mensch sollte durch Vorschriften das eigene Aussehen und den eigenen Körper in Frage stellen müssen.

Also. Ein weiblicher Körper ist in erster Linie ein Körper, in dem eine Frau steckt.

Schau dir hier unser Video mit Canel zum Thema an:

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Das hilft, unseren Körper besser zu akzeptieren:

  1. Uns vorstellen, unser Körper wäre ein wichtiger Teil unseres Teams. Was braucht er, um sich wohler zu fühlen und gerne zu arbeiten?
  2. Uns bewusst machen, dass jeder Körper unterschiedlich aussieht.
  3. Und darum: Uns nicht mit anderen vergleichen!
  4. Verstehen, dass diese engen Vorstellungen von Männlichkeit und Weiblichkeit die ungleiche Machtverteilung in unserer Gesellschaft zusätzlich unterstützen.
  5. Freundlicher über unseren Körper denken und auf seine Fähigkeiten konzentrieren: Also statt „Ich hab’ solche Plattfüße!“ lieber „Cool, dass ihr mich so stabil durch die Welt tragt!“
  6. Unserem Körper zeigen, dass wir ihn mögen und schätzen: Massage, Glitzer-Bodylotion, Masturbation, Yoga – was auch immer ihn glücklich macht.
  7. Wohlfühlen ist wichtiger als Aussehen: Noch gibt es leider nicht für alle Menschen bezahlbare Kleidung in ihrer Größe. Wenn wir die Wahl haben, nur Klamotten tragen, die sich gut anfühlen. Das tut mehr fürs Selbstbewusstsein als eine zu enge Jeans.

Weiterführende Links und Infos:

Wenn wir in unseren Texten von Frauen und Mädchen bzw. Männern und Jungs sprechen, beziehen wir uns auf die strukturellen und stereotypen gesellschaftlichen Rollen, die alle weiblich und männlich gelesenen Personen betreffen. Wenn wir die Adjektive „weiblich” oder „männlich” benutzen, beziehen wir uns ebenfalls auf die stereotypische gesellschaftliche Verwendung der Begriffe.

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Bildquelle: Pinkstinks Germany e.V.