Was tun gegen Mansplaining?

Wenn Männer Frauen, weiblich gelesenen oder nicht-binären Personen ungefragt und herablassend Dinge erklären, dann ist das Mansplaining. Vor allem im Job gehört das oft zum Alltag. Doch dagegen lässt sich was tun. 

Wer hat mehr Ahnung von Weltraum-Physik als eine NASA-Astronautin? Richtig, ungefähr jeder Mann. So in etwa sieht jedenfalls die Weltsicht von Mansplainern aus. Als Astronautin Jessica Meir ein Video auf Twitter postete und dazu schrieb, dass Wasser auf der Station spontan zu kochen beginnt, antwortete ein Mann auf ihren Tweet und erklärte ihr die Physik dahinter. 

Das ist nur ein beliebiges und bekanntes Beispiel für ein uraltes und weit verbreitetes Phänomen: Mansplaining. Grob gesagt umfasst der Begriff unaufgeforderte und oft herablassende Erklärungen einer männlichen Person, die mehr über das Thema zu wissen meint als anwesende nicht-männliche Personen. Sogar dann, wenn es sich – wie im Fall von Jessica Meir – um Expert*innen handelt und der Erklär-Bär keine oder viel weniger Ahnung davon hat.   

Diese Erfahrung hat auch die amerikanische Autorin Rebecca Solnit gemacht – und darüber 2008 einen Essay mit dem Titel Men explain things to me geschrieben. Auf einer Party hatte der Gastgeber ihr auf ziemlich arrogante Weise ihr eigenes Buch erklärt. Weder wusste er, dass sie es geschrieben hatte, noch hatte er es vollständig gelesen. Zwar hat Solnit selbst den Begriff Mansplaining nicht erfunden oder benutzt, aber er entstand aus ihrer Beobachtung und Beschreibung des Phänomens. Und verbreitete sich rasant; erst im Netz und dann in der analogen Welt.  

„Junge Frauen haben danach das Wort ‚Mansplaining‘ ins Lexikon übernommen“, schrieb Rebecca Solnit in einem aktualisierten Vorwort von 2012. Ihr Essay stelle zwar klar, dass nicht alle Männer zwangsläufig Mansplainer sind – aber dass überdurchschnittlich viele von ihnen in der Mischung aus Überheblichkeit und Ahnungslosigkeit hängen blieben. Anders gesagt: Männer schwingen vergleichsweise oft salbungsvolle, erklärende Reden, Frauen hingegen werden nicht gehört und übertönt.

Hier ein Shanty, der das Thema prima auf den Punkt bringt:

Obwohl Mansplaining jederzeit und überall vorkommen kann, fühlen sich maskuline Personen vor allem im Job-Umfeld zu Erklärungen berufen. Eine Umfrage unter 2000 Amerikanerinnen hat ergeben, dass ihnen durchschnittlich etwa 300 Mal pro Jahr Männer Dinge erklären, die sie schon wussten.  

Weil das ein ebenso verbreitetes wie lästiges Problem ist, hat zum Beispiel Schwedens größte Gewerkschaft Unionen im Jahr 2016 eine Mansplaining-Hotline eingerichtet, damit Frauen ihren Frust loswerden oder Lösungen für den Umgang mit den Erklärenden finden können. Das ändert allerdings nichts am Kern des Problems.

Wieso machen Männer das und was steckt dahinter? 

Selbstverständlich handelt es sich nicht bei jeder Situation, in der ein Mann einer Frau eine Sache erklärt, automatisch um Mansplaining. Entscheidend ist: Kennt sich die männliche Person mit dem Thema objektiv wirklich gut aus? Kennt sich die anwesende weibliche oder nicht-binäre Person auch wirklich gut (oder sogar besser) damit aus? Und hat sie um Rat und Erklärung gebeten? 

Hier ein einfaches Diagramm zur Veranschaulichung:

Doch hinter Mansplaining steckt mehr als bloß Ignoranz. Es geht um ein ungleiches Machtverhältnis zwischen Männern und Frauen. Mansplaining offenbart, dass Frauen aufgrund ihres Geschlechts grundsätzlich als unterlegen eingeschätzt werden. Das passiert selbst Professor*innen. 

Einerseits kommt es den erklärenden Männern nicht in den Sinn, dass sie selbst etwas nicht vollkommen verstanden, durchdrungen und gemeistert haben könnten. Andererseits können sie sich noch weniger vorstellen, dass ausgerechnet einer Frau genau das gelungen sein soll.  

In unserer patriarchalen Gesellschaft müssen Männer immer die Auskenner sein. Ein „Oh, das weiß ich nicht – kannst du’s mir erklären?“ kommt im Alpha-Vokabular schlicht nicht vor. Und zwar egal, worum es geht. Mansplaining beschränkt sich mitnichten nur auf den beruflichen und fachlichen Kontext. Selbst mit Themen wie Schwangerschaft, Periode und weiblichen Orgasmen meinen sich Mansplainer besser auszukennen als die betreffenden femininen Personen. Das ist tief verwurzelter Sexismus und erlerntes Verhalten. Deshalb fällt den meisten Erklärenden nicht mal auf, dass sie es tun. Aber was gelernt ist, lässt sich zum Glück auch wieder umlernen. Vorausgesetzt, der Wille ist da.  

Was lässt sich dagegen tun? 

Bei Begegnungen mit Mansplainern gilt: Auf keinen Fall reflexartig oder um des lieben Friedens willen für die ungefragte Erklärung bedanken. Dadurch fühlt sich der Erklärende nämlich in seiner Überlegenheit bestätigt. 

Stattdessen: Konsequent nachfragen und dabei in die Tiefe gehen. Einmal, zweimal, dreimal – so oft wie nötig. So kann eventuelles Halbwissen des ungefragt Erklärenden entlarvt und gleichzeitig die eigene Kompetenz eingebracht werden. Höflich und elegant, aber effektiv.

Außerdem können entlarvende Fragen zum Einsatz kommen wie zum Beispiel „Was genau wissen Sie über das Thema, das hier grad besprochen wird – haben Sie persönliches Fachwissen?“ oder „Inwieweit bringt uns das jetzt konkret weiter?“ 

 Natürlich kommt es beim Mansplaining auf den Kontext, das Umfeld und die Beteiligten an. Manchmal können ein flotter Spruch oder eine Prise Sarkasmus sinnvoll sein. Zum Beispiel die drei nichtssagenden Boss-Floskeln aus dem Film Didi – der Doppelgänger aus den 80er-Jahren. Die Phrasen „Ich brauche mehr Details“, „Das ist nur Ihre Meinung“ und „Schreiben Sie’s auf, ich beschäftige mich später damit“ sollten die meisten Mansplainer zumindest zeitweise ruhig stellen. Auch ein bestimmtes „Haben Sie schon mal von Mansplaining gehört? Das sollten Sie unbedingt recherchieren. Ja, am besten jetzt“ darf durchaus eingeworfen werden.   

Und ganz besonders wichtig: Niemand, wirklich niemand, muss den Monologen von Mansplainern tatsächlich zuhören – die Erklärungen sind schließlich unaufgefordert. 

Falls die Situation jedoch chronisch wird und sich auch durch tägliche, deutliche Hinweise à la „Ich weiß“, „Das brauchen Sie mir nicht zu erklären“, „Ich habe einen Master in dem Fach“ oder „Ich mache das seit 15 Jahren und kenne mich aus“ nichts ändert, dann sollte in aller Ruhe ein klärendes Grundsatzgespräch stattfinden.

Unternehmen können ihrerseits aktiv werden und gezielt an ihrer Gesprächskultur arbeiten, zum Beispiel mit Diskussionsregeln. Oder durch die Belohnung von Mitarbeitenden, die in Meetings bewusst anderen zuhören und nicht mansplainend dazwischen grätschen. 

Denn es ist langfristig nicht die Aufgabe von Frauen, jeden Tag unendlich viel Zeit und Energie zu investieren, nur damit ihnen auch wirklich mal Gehör geschenkt wird. Es ist nicht ihre alleinige Aufgabe, Diskriminierung und Ungerechtigkeit zu beseitigen. Da ist die Gesellschaft gefragt, das Unternehmen, das Umfeld – jede*r einzelne.

Solange Frauen nach wie vor auf verschiedene Weisen zum Schweigen gebracht und klein gehalten werden – und Mansplaining gehört dazu –, sind wir von Gleichberechtigung weit entfernt. „Das Recht, sich zu Wort zu melden“, so Rebecca Solnit, „ist eine wichtige Grundlage für das Überleben, für die Würde und für die Freiheit.“

Anmerkung: Uns ist bewusst, dass der Text in Teilen nur eine binäre Perspektive darstellt. Hier geht es um die Erläuterung einer patriarchalen Geschlechterdynamik mit einem binären “Mann”-“Frau”-Gefälle, obwohl das längst nicht alle Menschen umfasst.

Bildquelle: Unsplash

Kommentare zu diesem Text könnt ihr uns in unseren Netzwerken hinterlassen und dort mit insgesamt 120.000 Menschen teilen!