Sexistische Werbung? Nicht mit »Pinker Pudel«!

In der Werbebranche gibt’s jede Menge Auszeichnungen für besonders kreative, durchdachte, neuartige Kampagnen. Wir dachten uns: »Das können wir auch!« und haben einfach selbst einen Award ins Leben gerufen. Bei uns bekommt Werbung dann einen Preis, wenn sie ganz ohne Sexismus und Stereotype auskommt. Davon haben wir nämlich die (Pudel-)Schnauze sowas von voll.

Du kennst sie bestimmt: die Werbung mit dem prickelnden Bauchnabel oder die, in der eine Frau vor Glück über neue Schuhe laut losschreit. Von Spielzeugwerbung wollen wir gar nicht erst anfangen. Stereotype Rollen lassen grüßen. Das muss doch anders gehen? Und wie das anders geht! Um progressive, geschlechtergerechte Werbung zu fördern, hoben wir 2018 den ersten deutschen Werbe-Positiv-Preis aus der Taufe. Den Preis für Werbung, die Vielfalt feiert und überholte Rollenklischees nicht nötig hat: den »Pinken Pudel«. Dieser Pudel ist ein ganz besonderes Exemplar, denn er stammt vom Löwen ab: Vorbild für unseren Award war nämlich der »Glass Lion« oder auch »Lion for Change«. Ein Sonderpreis bei den Cannes Lions Awards, der progressive Werbung prämiert, die sich mit sozialer Ungerechtigkeit beschäftigt und Stereotype hinterfragt.

4-mal rollten wir zwischen 2018 und 2021 den pinken Teppich aus und prämierten progressive Kreationen mit dem »Pinken Pudel« – für unsere Gesellschaft viel wertvoller als hochdekorierte Preise und mit Stolz von fortschrittlichen Werbeleuten entgegengenommen. Das sah auch die Behörde für Kultur und Medien der Hansestadt Hamburg so und förderte unseren Werbepreis gegen Sexismus von 2019 bis 2021. So konnte sich der »Pinke Pudel« schließlich als feste Größe in der deutschen Werbelandschaft etablieren.

Ariane Lettow, PINKSTINKS Geschäftsführerin

Der »Pinke Pudel« hat nicht nur in der Werbeindustrie für Aufmerksamkeit gesorgt, sondern auch immer mehr Menschen in den sozialen Medien erreicht. Schließlich gab es ihn nicht nur als Jurypreis, er war auch ein beliebter Publikums-Award! Aus einer Auswahl an Werbemaßnahmen, die von einer Jury (bestehend aus Menschen aus Feminismus, Werbung und dem Team von PINKSTINKS) getroffen wurde, konnte die breite Öffentlichkeit online für ihre favorisierte Kreation stimmen.

 

Welche geschlechtergerechten Werbemaßnahmen den »Pinken Pudel« die Ohren spitzen ließen? Bitteschön, Vorhang auf für die positiven Beispiele einer Industrie, die sich darin neu erfindet.

Eine Frau mit Vorschlaghammer. Vor 50 Jahren wäre das revolutionär gewesen, heute sollte es normal sein. So dann auch abgedreht von der Agentur Heimat. Für das Aufbrechen von Geschlechterklischees wurde der Werbefilm für Hornbach als klarer Favorit ausgezeichnet. Sowohl von der Jury, als auch vom Publikum.

Ebenfalls prämiert wurde die Sparkasse. Für die unaufgeregte Inszenierung eines Mannes in stereotyp weiblich gelesener Kleidung, die sich die Agentur Preuss und Preuss hat einfallen lassen.

Nach verschiedenen Impulsvorträgen und einem Podiumsgespräch der Juryteilnehmer*innen konnten die Agenturen Heimat und Preuss und Preuss für ihre Arbeit den »Pinken Pudel« vor 150 Gäst*innen entgegennehmen. Ein großartiger Anfang war gemacht.

»Endlich mal ein Preis, der feiert, wenn Werbung ihrer Verantwortung gerecht wird«

O-Ton bei der Verleihung vom Pinker Pudel 2018

 

Die Agentur »Übergound« ließ diverse Menschen ein erfrischend realistisches Bild vom Leben als Paar und Eltern zeichnen. Dabei kommt die Kampagne lässig und unaufgeregt daher und präsentiert ein modernes Verständnis von Elternschaft.

Der Spot von VICE Media zeigt unterschiedliche und zeitgemäße Lebensrealitäten, indem er diverse Körperbilder, ethnische Zugehörigkeiten und sexuelle Identitäten als »neuen deutschen Standard« versteht.

Verliehen wurde der »Pinke Pudel« auch 2019 wieder auf einer Gala mit Top-Kreativen und bekannten Feminist*innen wie Melodie Michelberger und Kübra Gümüşay im Hamburger Schanzenviertel. Allerdings gab es für unseren Pudel nicht nur Grund zur Freude, sondern auch zum Zähnefletschen: Die Gewinner*innen vom Vorjahr, Hornbach, mussten wir in diesem Jahr nämlich wegen rassistischer Werbung rügen.

Einen epischen Film über eine besondere Frau hat die Agentur Antoni Garage für Mercedes geschaffen. Die Prämierung begründete die Jury damit, dass hier eine Pionierin inszeniert wurde, der bis dato nur wenig Sichtbarkeit zuteil wurde.

Das Publikum konnte die Agentur »Thjink« mit ihrem Film »DFB-Frauen« für sich begeistern. Auch dieser: ein Meilenstein in der Sichtbarmachung der Leistungen von Frauen. Im Auftrag der Commerzbank. 

 

Aber es kommt bekanntlich, wie es kommt. Und in diesem Jahr kam alles anders: Geplant war die Preisverleihung vor 800 Geladenen in den Messehallen der OMR. Dann kam Corona. Die Preise wurden 2020 also weniger glamourös auf digitalem Weg unter Moderation von Tarik Tesfu und Moritz Neumeier verliehen, aber kein bisschen weniger stolz in Empfang genommen.

Erstmals ging der »Pinke Pudel« 2021 nach London, aus Werber*innensicht ohnehin ein superspannender Markt mit innovativen Konzepten. Denn, was sollen wir sagen, in Deutschland war nichts Positives zu holen.

Dieser Spot begeisterte dafür umso mehr: Eine genderdiverse Gruppe von Stars wie Billie Eilish UN-Jugendbotschafterin Jahkini Bisselink, Klima-Aktivistin Eirini Vougiouka und Gleichberechtigungsaktivist Fabian Grischkat setzen sich hier gemeinsam für eine fortschrittliche Zukunft ein. Erdacht und produziert wurde der Film von der Agentur Saatchi & Saatchi. Chapeau, Hut ab, das war uns einen »Pinken Pudel« wert.

Dass es diesen Preis dringend brauchte, zeigte allein die Auswahl für den »Pinken Pudel« in 2019. Moderne, mit Geschlechterklischees brechende Kampagnen waren in Deutschland noch immer selten: Während PINKSTINKS zwischen 2017 und April 2019 knapp 4.000 sexistische Werbeanzeigen zählte, standen für den »Pinken Pudel« nur 25 progressive Werbekampagnen zur Wahl. 

Martin Nielsen, aus: Die heile Welt in der Werbung – Stereotype als Bestandteil von Werbestil.

Stereotype Kreationen mögen kurzfristig Erfolg versprechen, sind aber weder kreativ noch haben sie irgendwas mit der Realität zu tun. Sie wiederholen immer und immer wieder dieselben Klischees und transportieren diese von einer Generation zur nächsten. Aber bedeutet das, dass progressive Werbung nicht funktioniert? Der »Pinke Pudel« beweist: Ganz im Gegenteil! Ausgezeichnet wurde Werbung, die Geschlechtervorstellungen neu definiert – und genau diese war bei der Zielgruppe ein voller Erfolg. Mut und Erfolg schließen sich also nicht aus, sondern sind ein echtes Dreamteam. Mit unserem »Pinken Pudel« haben wir dem Mut der Branche ordentlich unter die Arme gegriffen – und darauf sind wir verdammt stolz. 

Statt auf negative Beispiele zu gucken (Preise dazu wie »Der goldene Zaunpfahl« oder »Der zornige Kaktus« gibt es viele) wollen wir Dinge bewegen – indem wir neue Vorbilder schaffen.

Pinker Pudel – eine pinke Erfolgsgeschichte

  • Förderung durch die Stadt Hamburg (Behörde für Kultur und Medien)
  • Jedes Jahr mehr als 150 geladene Gäst*innen bei der Preisverleihung
  • Top-Werber*innen als Teil der Jury und Sprachrohr in die Agenturen
  • Folgeworkshops mit Hamburger Top-Agenturen: »Herz fürs Handwerk« & »Kreative gegen Sexismus«
  • Best-Practice-Book für Werbung aus Industrie, Handel & Handwerk: »Beton ohne Brüste«

Wir von PINKSTINKS freuen uns darüber, der Werbebranche einen Anreiz geboten zu haben, überzeugend und kreativ mit Geschlechterklischees zu brechen. Mit Optimismus beobachten wir Jahr für Jahr die positiven Veränderungen der Werbekreationen. Insbesondere die wachsende Vielfalt, die wir in mehr und mehr Kampagnen sehen – noch nicht überall, noch nicht immer, noch lange #NichtGenug. Aber jedes Jahr ein Stückchen mehr.

Das war auch einer der Gründe, warum wir den »Pinken Pudel« 2021 eingestellt haben. Ab hier übernimmt wieder der Werberat. Mit kämpferischen Grüßen.

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