Kein Bock mehr auf mitgemeint: Mit Hip-Hop für mehr Sichtbarkeit.

Nach dem Riesenerfolg vom Song »Not Heidis Girl« erschufen wir zusammen mit Schüler*innen den nächsten Song, der es in sich hat. Die Forderung nämlich, nicht immer nur »mitgemeint« zu sein. Denn Sprache macht Frauen und weiblich gelesene Personen unsichtbar. 

Sichtbar sein Presse 2

»Frau F. schafft es ja auch, immer ‚alle Schülerinnen und Schüler‘ zu sagen – wieso kriegt Herr K. das dann nicht hin, bitte?« So und ähnlich hörten wir es von einer Gruppe Hamburger Schüler*innen, die genug davon haben in Schule und Alltag unsichtbar zu sein. Sie wollen »sichtbar sein«. Und genau das wurde zum Anspruch und Titel eines neuen Songs und Musikvideos: »sichtbar sein«. 

 

Gendern (oder besser: entgendern) polarisiert. Ohne Frage ist es kompliziert, der Kopf muss sich umstellen und es klingt erstmal ungewohnt. Durch das Gendern aber mehr als die Hälfte der Menschheit sichtbar zu machen ist es mehr als wert. Finden wir und fanden auch die engagierten Schüler*innen. Unzählige Studien zu dem Thema belegen: Die Mühe lohnt sich. Abgesehen davon sich wirklich angesprochen zu fühlen hat geschlechtersensible Sprache auch ganz handfeste Konsequenzen. Auf die Berufswahl bzw. das Zutrauen, einen Beruf zu ergreifen zum Beispiel. »Ich gehe nicht zum Arzt, sondern zu meiner Ärztin. Das kann doch nicht so schwer sein. Ja, unfassbar, es gibt Ärzt*innen! Bringt jetzt alles durcheinander, oder wie?« so eines der Kinder. Ein anderes fragt: »Wie heißt eigentlich die Schulsekretärin in männlicher Form? Und wieso gibt es die nicht?«  Berufswunsch Ärztin oder Schulsekretär wäre dann plötzlich wahrscheinlicher.

 

Damit nicht nur einige sondern alle Kinder sichtbar sein und sich frei entfalten können, produzierten wir zum internationalen Welt-Mädchentag Song und Musikvideo. Von Jugendliche für Jugendliche. Dieses für die meisten Deutschen so anstrengende, sperrige Thema als Hip-Hop-Song: Geht denn das? Es geht. Sehr gut sogar.

Gendersprache als Rap war ohne Frage eine spannende Herausforderung. Dank unserem Mitarbeiter Marcel Wicker, der bereits den Song »Not Heidis Girl« entwickelt hatte und der Unterstützung unserer Theaterpädagogin und wunderbaren Musikerin Jamie Watson entstand schließlich ein Song, der nicht nur uns sondern auch die Schüler*innen begeisterte. Kein Wunder, denn Teil des Songs wurden genau die Beispiele, die Teenager*innen in ihrem Schulalltag immer wieder erlebten. Wie genau diese Gendersprache denn nun geht? Darauf hat der Song keine Antwort. Und auch die Jugendlichen haben keine 

perfekte Lösung. Aber das war gar nicht der Anspruch des Songs. Anspruch und Forderung zu gleich ist vielmehr zu sensibilisieren und Lösungen zu finden. Knapp 100.000 Menschen haben wir mit dem Song erreichen und sensibilisieren können. So häufig wurde das Musikvideo nämlich aufgerufen und so das Thema Gendersprache direkt in die Jugendzimmer Deutschlands gebracht. Ein Erfolg, auf den nicht nur wir bei PINKSTINKS stolz sind sondern vor allem die Iniator*innen des Songs: Die Schüler*innen selbst.

Nicht nur in den sozialen Medien – auch von der Presse wurde Song und Musikvideo aufgegriffen.

»Die Wut ist ihnen deutlich anzusehen. Die Hamburger Schülerinnen, die schon unter dem Hashtag #notheidisgirl gegen das Modelcasting protestiert haben, holen zum nächsten Schlag aus – pünktlich zum heutigen Weltmädchentag.«, so war es in der Werben & Verkaufen zu lesen.

Wut haben wir bei der Produktion des Songe keine gespürt. Sondern viel Freude, Engagement und Kreativität. 

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© Marcel Wicker PINKSTINKS

Lyrics vom Song »Sichtbar sein«

Jeden Morgen in der Schule, ich bin nicht mal richtig wach, hat der Lehrer mich schon einmal auf die Palme gebracht Halb acht, es klingelt, Herr Müller kommt rein »Alle Schüler auf die Plätze!« – Da bin ich wohl nicht gemeint Er sagt »Politiker«, »Wissenschaftler«, »Arzt«, »Astronaut«, aber seien wir doch mal ehrlich, wer denkt da schon an ’ne Frau? Genau, kein Mensch! »Aber ist halt nun mal so. Sprache kannste nicht verändern« – Hä? Was? Wieso?Wir sind fünfzig Prozent, keine Minderheit Warum sind wir also immer »mitgemeint«?

Wir wollen sichtbar sein auch wenn’s nervig erscheint Wir haben kein Bock mehr auf mitgemeint.

Ich bin ehrlich und ich sage, dass mich eine Sache stört, wenn jemand alle meint und man nur Männer hört »Die Politiker haben heute Morgen getagt« Bitte was? Hat der wirklich nur »Politiker« gesagt? Es ist doch eigentlich voll einfach, ich erklär’s nochmal Wie wir reden macht Frauen total unsichtbar Wenn ihr »Chef« sagt, denk ich automatisch an ‘nen Mann Aber ich kann doch nur werden, was ich auch sehen kann!

Wir wollen sichtbar sein auch wenn’s nervig erscheint Wir haben kein Bock mehr auf mitgemeint.

»Aber wie denn sonst?« höre ich euch fragen Na, ihr könntet ja zum Beispiel eine Lücke sagen Wie »Politiker – in«, Wissenschaftler – in“ Nur eine Silbe mehr und alle sind drin Und wenn ich schreibe, setz‘ ich noch ‘n Sternchen rein So muss keine und keiner alleine sein »Das ist doch viel zu kompliziert und stört den Lesefluss« Nee gar nicht, und was muss, das muss!

Wir wollen sichtbar sein auch wenn’s nervig erscheint Wir haben kein Bock mehr auf mitgemeint

Unser Dank geht also vor allem an die großartigen Schüler*innen, die diesen Song möglich gemacht haben und damit am damaligen Welt-Mädchentag nicht nur sich selbst sondern auch geschlechtergerechte Sprache sichtbar gemacht haben.

Credits, Liebe und Dank für die Produktion gehen an:

Regie: Lara-Maria Wichels
Kamera & Schnitt: Jendrik Wichels
Graphic Recording: Barbara Schneider
Lehrer: Tommaso Cacciapuoti
Konzept & Text: Marcel Wicker
Musik: Jamie Watson, Eric Timmann, Marcel Wicker
Gesang: Jamie Watson
Mix & Master: Eric Timmann at Off Ya Tree Studio Danke an 711rent Hamburg
Und natürlich die Hamburger Schüler*innen

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