Werben mit der Wirklichkeit

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Letztes Jahr um diese Zeit hat ein Elternpaar etwas ziemlich Gewöhnliches getan. Während die Kinder im Badezimmer für die Schule  fertig gemacht wurden, schoss der Vater ein Selfie. Das Außergewöhnliche daran war, dass der andere Vater seiner Tochter auf dem Foto gerade die Haare kämmt. Zwei schwule schwarze Väter dreier Kinder, die an einem ganz normalen Morgen ihr Leben dokumentieren, um auf Instagram ihre Verwandten und Freund*innen daran teilhaben zu lassen.

Was dann folgte, war eine handfeste Kontroverse. Zwei Männer, die für Kinder Verantwortung übernehmen, wurden in den sozialen Medien dafür zwar von vielen gefeiert, von noch mehr Menschen aber wurden sie mit rassistischen, homophoben Hasstiraden überzogen. Selbst unter denen, die sich positiv äußerten, wirkten einige einfach zu überrascht davon, dass „Schwarze sich endlich mal um ihre Kinder kümmern“. So als wären die beiden Einhörner, deren Existenz bislang unbewiesen gewesen ist.

Das allein ist schon interessant genug, um darüber zu berichten. Aber ein Jahr später hat Kordale Lewis nicht nur ein sehr erfolgreiches Buch über seine Erfahrungen geschrieben, sondern die Firma Nikon hat im Zuge ihrer #IAmGenerationImage Kampagne einen Werbeclip mit der Familie gedreht.

Wir finden diesen Clip wichtig. Immer wieder werfen wir der Werbeindustrie vor, dass Menschen nicht sein wollen und können, was sie nicht sehen. Dass sie die Wirklichkeit in eine Norm zwängt, die beinahe niemand erfüllen kann und die viel zu viele Menschen ausgrenzt und verletzt. Nikon wirbt hier mit einer Facette der Wirklichkeit, die ansonsten entweder nicht sichtbar gemacht oder skandalisiert wird.

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Ein Skandal ist es jedoch allenfalls, dass wir solche Bilder nicht häufiger zu sehen bekommen, denn sie repräsentieren einen unverzichtbaren Teil der Wirklichkeit: Vielfalt. Oder um es mit den Worten eines stolzen Vaters von drei Kindern zu sagen:

„Das sind unsere Kinder – und niemand kann etwas anderes sagen!“

Nils Pickert