Wie kann ich auf Sexismus reagieren?

63% aller Frauen und 49% aller Männer haben bereits gegenüber sich selbst oder anderen sexistische Übergriffe erlebt. Das hat die Studie „Sexismus im Alltag“ ermittelt, die das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in Auftrag gegeben hat.

Somit kann sich mindestens jede zweite Frau und fast jeder zweite Mann an Situationen erinnern, in denen sie Sexismus ausgesetzt waren. Und viele von ihnen wussten vermutlich nicht, wie sie darauf reagieren sollten. Wir wollen hier ein paar Beispiel für sexistische Übergriffe zeigen – und gleichzeitig die Reaktionsmöglichkeiten.

Wenn Betroffene keine akute Angst oder Gefahr verspüren, könnte eine Irritierende Äußerung oder Reaktion eine gute Idee sein. Das kann der Situation die negative Energie nehmen und der Frau Zeit und Überlegenheit geben. Beim Hinterherpfeifen zum Beispiel, das häufig „nur“ als plump und nervig empfunden wird und ein beliebtes Thema in der Sketch-Comedy ist:

Wer nicht wie Martina Hill auf allen Vieren irritieren möchte, kann auch einfach verbal zurückschlagen. Auf ein „Ey, zeig mal deine Titten“ beispielsweise sind folgende Antworten denkbar:

  1. „Du kommst aus Witten? Wie schade, dass du da gerade nicht bist.“
  2. „Brauch ich gar nicht. Die können auch von hier sehen, was für eine Witzfigur du bist.“
  3. „Du zuerst. Ich wette 10€, dass deine größer sind.“

Kontern auf sexistische Übergriffe von Fremden sind für Betroffene ungefährlicher als im beruflichen oder privaten Umfeld. Denn auch dort erleben Frauen und Männer Situationen, in denen das Kollegium Frauen zum Kaffee kochen schickt, das Aussehen abwertend oder sexuell kommentiert oder harmlose Wörter wie Verkehr, Reiten und anderes als plumpe Anspielungen benutzt. Bei Übergriffen dieser Art etwas zu antworten, dass die Übergriffigkeit klar macht, aber so, dass danach die verursachende Person die Gelackmeierte ist und nicht die betroffene, ist ziemlich schwierig. Da sagen dann viele lieber nichts, um die zukünftige Arbeitssituation nicht zu belasten. Für diese Situationen haben wir uns folgende Karten ausgedacht. Einfach runterladen, ausdrucken, ausschneiden und im Bedarfsfall wortlos über den Tisch schieben. 

Karte hier herunterladen.

Diese Karte ist ein klares Statement. Sie zeigt, dass die betroffene Person überhaupt nicht diskutieren, sondern einfach nur zeigen will, wer sich hier unangebracht verhalten hat. Die übergriffige Person kann ihrerseits nicht die so häufig eingesetzte Hysterie-Karte ausspielen, weil eben nur die Karte überreicht wird und sonst einfach gar nichts passiert. Wir lassen die Person ganz allein mit ihrem Fehlverhalten und der Karte, die ihr schriftlich gibt, was sie da gerade verzapft hat. Herrlich.

Alles andere als herrlich, dass wir natürlich wissen: sexistische Übergriffe können leider nicht immer ganz einfach mit Schlagfertigkeit und Spontaneität aufgelöst werden können. Einerseits, weil nicht jeder Mensch in diesen Situationen nicht stark, sondern auch wütend und verunsichert ist, und sich darüber hinaus auch aus allen möglichen verständlichen Gründen Tränen ankündigen. Da gibt es verschiedene Eskalationsstufen. Erstens: Nach der Situation Personen ansprechen, die dabei waren und sie fragen, ob sie das ok fanden. So finden sich Verbündete, die schlimmstenfalls beim nächsten Übergriff den Rücken stärken.

Darüber hinaus gibt es bei Sexismus am Arbeitsplatz mehrere rechtliche Möglichkeiten. Betroffene können Beschwerde einlegen, der Arbeit fernbleiben oder Entschädigung oder Schadensersatz fordern. Die Broschüre „Was tun bei sexueller Belästigung am Arbeitsplatz?“ der Antidiskriminierungsstelle des Bundes hat alle Information gebündelt. Darin steht auch, an wen man sich außerbetrieblich wenden kann, wenn die Personalabteilung, der Betriebsrat oder der direkte Vorgesetzte keine Hilfe ist: Gerwerkschaften, Anwält*innen, Frauenberatungsstelle und die Antidiskriminierungsstelle selbst sind Anlaufstellen, die sich der Situation annehmen.

Auch möglich, aber kaum genutzt, wird die Möglichkeit, nach einem sexistischen Übergriff Anzeige zu erstatten. Laut einer Studie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend haben 90% der Frauen und 86% der Männer noch nie Anzeige bei der Polizei oder anderen Behörden erstattet. Das liegt bei Übergriffen von Unbekannten häufig auch an der geringen Aufklärungsquote. Aber hier und auch bei Übergriffen im beruflichen und privaten Umfeld, sorgt die Befürchtung, dass die Betroffenen die sind, die stigmatisiert werden und nicht die übergriffigen Personen, dafür, dass sie von einer Anzeige absehen. Und vermutlich jede*r kennt Kommentare wie „Ist das jetzt nicht übertrieben?“ oder „Dann mach halt die Bluse zu“ oder „Das war doch nur nett gemeint!“.

Dass die Betroffenen häufig diejenigen sind, über die nach einem Übergriff schlecht geredet wird, ist falsch und untragbar. Wir müssen ihnen Unterstützung zusichern, immer wieder darüber aufklären, was sexistisches Verhalten ist und wie wir am erfolgreichsten dagegen vorgehen. Ob schlagfertig, einen Tag später und/oder mit rechtlichen Mitteln.

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Foto Credit: FreePik

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