Wir „hysterischen“ Feministinnen

Was ist eigentlich los mit euch? Da draußen™ geht gerade die Welt unter/gab es die Brexit-Abstimmung/wird die Umwelt zerstört/ist ein Prominenter gestorben, und ihr…

Seitdem es Pinkstinks gibt, begleiten uns diese Art Anwürfe: Alle anderen Ziele sind größer und wichtiger als unsere, und wir sollten das doch endlich mal einsehen und lieber gegen ernsthafte Probleme vorgehen. Auf die Frage, wieso man seine Zeit damit verschwendet, Menschen, die angeblich unsinnige Dinge machen, zu sagen, dass sie unsinnige Dinge machen, kommt meistens keine Antwort. Auch nicht auf unseren Gegenvorschlag, selbst aktiv zu werden. Aber der Vorwurf steht. Und überhaupt:

Warum regen sich Feministinnen eigentlich immer so auf?

Diese Frage beschäftigt scheinbar viele Menschen. Jüngst eine Autorin der FAZ, die sich die herrschende Lohnungleichheit in Deutschland mal genauer angeschaut hat und nun findet, Feministinnen sollten sich gefälligst abregen, weil das mit Diskriminierung kaum etwas zu tun habe. Die bereinigte Lohnlücke seien nur ein paar Prozentpunkte und die lägen hauptsächlich an individuellen Entscheidungen. Kein Grund also, gleich auf die Straße zu gehen. Finden wir schon.

Erstens ist Form, Ziel und Umfang von politischen Partizipation immer noch Sache der oder des Einzelnen.
Zweitens  sind solche Vorstellungen von „bereinigten Lohnlücken“ auch um die Care-Gap, Mutterschaft, Renten, Teilzeitarbeit, Aufstiegschancen und das Alleinerziehendendilemma bereinigt – um nur mal einige Punkte zu nennen.
Und drittens schon mal aus Prinzip! Weil das Benennen von feministischen Forderungen immer schon lächerlich gemacht und inhaltlich entwertet wurde. Alltagssexismus? Ach, hört doch auf! Regt euch bitte ab! Der Feminismus wird immer alberner, „weil er kein weltbewegenes Ziel mehr verfolgt„. Also regt euch ab! Seid nicht so wütend, so laut und so hysterisch! Ähm, doch! Weil Frauen, die nichts fordern, nichts bekommen.

Weil gerade Frauen immer wieder gesagt wird, sie sollten leise und bescheiden sein, nicht so laut auftreten und keinen Raum einnehmen – dann würde man viel eher auf ihre Forderungen eingehen. Selbst in ihren Protestformen haben Frauen zurückhaltend und höflich zu bleiben. Alles andere sieht einfach nicht gut aus. Also ja: Wir werden uns zusammen mit anderen auch weiterhin über Lohnlücken und andere Formen des Alltagssexismus aufregen. Wir werden auch weiterhin bei Darstellungen wie in der FAZ darauf hinweisen. dass da die eine oder andere „Kleinigkeit“ vergessen wurde – zum Beispiel der Umstand, dass Frauen, die offensiv mehr Geld einfordern, als extrem unsympatisch gelten. Und wir behalten uns auch weiterhin das Recht vor, uns selber auszusuchen, wofür und wogegen wir uns engagieren.

Das könnte man in einer Demokratie jetzt irgendwie erwartbar finden, muss aber anscheinend doch immer wieder gesagt werden.